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VORDERER WILDER TURM (3177m) & WILDES HINTERBERGL (3288m)

Landschaftlich beeindruckende Skihochtour mit zwei Dreitausendern in den Stubaier Alpen.

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Der März ist typischerweise einer der besten Skitouren-Monate der ganzen Saison. Im Winter 2022/2023 ist die Schneesituation jedoch recht dürftig und so habe ich nach einer spaßigen 4100 hm – Aktion mit den Dynafit Skimo Heros am letzten Februar-Wochenende zwei Wochenenden andere Pläne, bevor es zurück auf Ski geht. Mittwochnachmittag bin ich auf dem Weg ins Stubaital, um mich mit Thomas für zwei Skitourentage zu treffen. Der Verkehr erlaubt keine schnellere Anreise und so stehe ich erst 17:12 Uhr in Seduck auf meinen Tourenski auf dem Weg zur Franz-Senn-Hütte. Thomas ist bereits dort und hat eine kleine Warmup-Skitour gemacht.

Bequem geht es auf gewalzter Spur von Seduck zur Franz-Senn-Hütte
Pünktlich zum Abendessen trete ich in die gemütliche Franz-Senn-Hütte ein

Da ich etwas krank war, kann ich im Aufstieg nicht ganz so viel Gas geben und so brauche ich für die 700 Höhenmeter dann doch 1:35 h. Auf der Franz-Senn-Hütte angekommen, werde ich vom freundlichen Hüttenteam empfangen und wir gehen direkt zum Abendessen über.

Los geht es in Richtung Vorderer Wilder Turm (Foto: Thomas Herdieckerhoff)
Die ersten Sonnenstrahlen des Tages (Foto: Thomas Herdieckerhoff)

Am nächsten Tag starten wir im Schatten gegen 8 Uhr an der Hütte auf dem Weg in Richtung Alpeiner Ferner. Über die Schneesituation machen wir uns keine Illusionen – es sieht zwar winterlich aus, doch der Schein trügt. Für die Jahreszeit liegt im Skitourenmekka um die Franz-Senn-Hütte extrem wenig Schnee. Die Verhältnisse hatten wir bereits im Vorfeld gecheckt, denn Hüttenwirt Thomas Fankhauser veröffentlicht ausführliche und regelmäßige Updates zu den Verhältnissen auf der Homepage der Hütte. Zunächst folgen wir der Masse in Richtung Ruderhofspitze, drehen dann aber auf ca. 2500 Meter ab in Richtung Vorderer Wilder Turm. Das Gelände steilt etwas auf und der wenige Schnee macht die Traversierung nicht unbedingt angenehmer. Es hat zwar gut gefroren, jedoch sind im Tagesverlauf hohe Temperaturen prognostiziert. Wir gehen neben der Schneide einer markanten Schneeverwehung, welche aber ungefährlich ist.

Die geringe Schneelage macht sich deutlich bemerkbar (Foto: Thomas Herdieckerhoff)
Schwierige Verhältnisse an der Östlichen Seespitze (Foto: Thomas Herdieckerhoff)

Wir steigen weiter auf und entscheiden uns, in Richtung ehemaliger Turmferner zu queren. Auf der Querung ist eine Passage recht steil und exponiert, hier ist Wegrutschen tabu. Nach dieser kurzen, ausgesetzten Stelle geht es weiter in ein Hochtal, welches Richtung Turmferner führt. Von hier geht es hinauf auf den Berglas-Übergang zwischen Turmferner und Berglasferner.

Nach der steilen Querung geht es am Turmferner bequem bergauf (Foto: Thomas Herdieckerhoff)
DIe Östliche Seespitze (Foto: Thomas Herdieckerhoff)
Hinterer Wilder Turm (rechts) und Schrankarkogel (Foto: Thomas Herdieckerhoff)

Nun überblicken wir das gesamte Gelände und schauen auf den zerrissenen Berglasferner hinunter. Eine große Gruppe zieht trotz der Warnung bezüglich der Spaltensturzgefahr in diesem Gebiet seelenruhig den Gletscher hinauf. Immerhin gehen sie am Seil und bei sieben Teilnehmern wäre das Risiko im Aufstieg vermutlich nicht ganz so hoch. Wir wählen die sichere Variante und nach Erreichen des Berglas-Übergangs geht es noch ein paar Meter leicht ansteigend zum Skidepot des Vorderen Wilden Turms. Dort angekommen, lege ich die Steigeisen an, Thomas klettert das kurze Stück zum Gipfel ohne. Im ausgesetzten und exponierten Bereich helfen ein Drahtseil und ein paar Eisenstifte beim Klettern und ich bin mir nicht zu schade, eine kurze Selbstsicherungsschlinge an meinen Gurt zu hängen.

Etwas ausgesetzte, aber gut abgesicherte Kletterei auf dem Weg zum Vorderen Wilden Turm (Foto: Thomas Herdieckerhoff)

Nach ein paar Metern ist die Kletterei geschafft und wir stehen am Gipfel des Vorderen Wilden Turms. Definitiv ein schöner Aussichtspunkt und durch die Ausgesetztheit auch ein wirklich alpiner Skitourengipfel. Wir genießen kurz das Panorama und machen uns dann auf den Rückweg zu den Ski.

Wilder Freiger (links) und Zuckerhütl (Mitte) (Foto: Thomas Herdieckerhoff)
Die Ruderhofspitze (Foto: Thomas Herdieckerhoff)
Die Steigeisen können verstaut werden, stattdessen legen wir aber das Seil an (Foto: Thomas Herdieckerhoff)

Dort angekommen, wechsele ich von Steigeisen auf Ski und wir rutschen ein Stück unter dem Gipfelaufbau hindurch in Richtung Berglasferner. An einem kleinen Bergschrund angekommen, legen wir das Seil an und machen uns auf den flachen, aber landschaftlich sehr schönen Anstieg zum Wilden Hinterbergl. Es müssen nur noch rund 150 Höhenmeter überwunden werden und auf dem Berglasferner, welcher in diesem Bereich deutlich flacher und spaltenärmer ist, kommen wir zügig voran. Eine Gruppe vor uns legt eine schöne Spur und so können wir bequem in Richtung Gipfel folgen.

Traumhafte Landschaft auf dem Berglasferner (Foto: Thomas Herdieckerhoff)

Kurz nach halb eins erreichen wir das flache und weitläufige Gipfelplateau auf 3288 m, auf welchem man ohne Probleme Fußball spielen könnte. Die letzten Meter zum Gipfel gehen wir zu Fuß und gesellen uns zu geschätzt 15 anderen Alpinisten, die bereits den windstillen und warmen Moment genießen.

Das Skigebiet Stubaier Gletscher (Foto: Thomas Herdieckerhoff)
Am Gipfel des Wilden Hinterbergls

Der Blick öffnet sich in Richtung Sellrainer Berge, welche nur einen Steinwurf von hier entfernt liegen. Auch die Ötztaler Alpen mit dem Gebiet um Schrankogel, Wilde Leck und Co. präsentieren sich und wir genießen die Aussicht in alle Richtungen. Wir bleiben über 45 Minuten am Gipfel, denn es ist angenehm warm. Mit der steigenden Temperatur würde der Schnee jedoch nicht unbedingt besser werden und so schnallen wir kurz vor halb zwei die Ski an und machen uns auf die Abfahrt.

Die erste Passage auf dem Berglasferner erscheint noch ganz gut zu sein, doch nach nur einem Hang wird der Schnee etwas schwerer und wir fahren in Schrägfahrt in Richtung Vorderer Wilder Turm. Da wir nicht den spaltigen und schlecht eingeschneiten Berglasferner direkt abfahren möchten, machen wir uns an einen ca. 50 hm langen Gegenanstieg in Richtung Skidepot des Vorderen Wilden Turms. Wenig überraschenderweise wählt keine Partie an diesem Tag die Abfahrt über den Berglasferner und wir fahren vom Skidepot die direkte Linie über den ehemaligen Turmferner hinunter.

Ein schönes Couloir wird gefolgt von einer weiteren Schrägfahrt und um 14:15 Uhr sind wir schon unterhalb der markanten Wechte, welche wir im Aufstieg passiert haben und fahren in Richtung Süden in den Talboden ab, in der Hoffnung, dass wir im flachen Gelände ohne Steinkontakt abfahren können. Zwar kommen wir mit wenig Steinkontakt aus, jedoch ist der Schnee in der Sonne alles andere als fahrbar und sehr schwer.

Im Tal angekommen, lassen wir es gemütlich im Talboden zur Franz-Senn-Hütte hinaus laufen, wo uns kurz vor 15 Uhr die Sonnenterrasse empfängt.


Facts zur Tour

  • Mühen: Gegenanstieg zurück in Richtung Berglas-Übergang
  • Freuden: Tolle Landschaft, skifahrerisch lohnenswert
  • Risiken: Abschüssiges Gelände in der Querung zum ehemaligen Turmferner
  • Aufstieg: 1150 hm / ca. 4:00 h (ab Franz-Senn-Hütte)
  • Abstieg: 1150 hm / ca. 1:00 h (ab Franz-Senn-Hütte)
  • Exposition: Ost, Süd
  • Schwierigkeit: WS+
  • Charakter der Tour: Skihochtour mit Gletscherkontakt
  • Equipment: Skitourenausrüstung, Gletscherausrüstung, Seil
  • Beste Jahreszeit: Mitte Februar-Ende April

Fazit

Die Tour auf den Vorderen Wilden Turm und auf das Wilde Hinterbergl ist eine wunderschöne und abwechslungsreiche Tour im Bereich der Franz-Senn-Hütte. Die aktuellen Verhältnisse können auf der Hütte abgefragt werden. Der direkte Aufstieg über den Berglasferner ist aufgrund der großen Spalten nicht zu empfehlen, vor allem nicht in schneearmen Wintern.

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