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ALPSPITZE (2628m)

Kombinierte Ski- / Wintertour auf das Wahrzeichen von Garmisch-Partenkirchen ohne Seilbahnunterstützung.

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Was für ein Winter! Neben den Entwicklungen in der Welt, welche in diesem Blog keine Rolle spielen sollen, schwanken auch die Temperaturkurven in ungeahnten Bereichen. In diesem Fall in ungeahnte Höhen, denn schon Mitte Februar setzt frühlingshaftes Wetter ein und so hat es unterhalb von 1000 Metern nur noch wenig Schnee, speziell auf den Südseiten. Das bedingt leider, dass niedrigere Skitouren aufgrund von Schneemangel ausfallen, jedoch sind größere Firntouren schon möglich, die in anderen Wintern sicher erst im März oder April Sinn machen. So entscheiden Jana und ich uns für eine Skitour auf die Alpspitze von Garmisch-Partenkirchen aus. Da das Skigebiet aus bekannten Gründen geschlossen ist, erhoffen wir uns eine ruhige Tour, denn diese ist in jedem Fall „by fair means“ zu bewältigen. Nicht nur die fehlende Möglichkeit einer Auffahrt auf den Osterfelderkopf, sondern auch der stehende Bernadeinlift tut am Ende der Tour weh. Doch wann kommt solch eine Chance wieder?

Noch im Dunkeln starten wir an der Hausbergbahn in Garmisch-Partenkirchen

Damit ist die Entscheidung klar. Wir starten noch vor 6:00 Uhr morgens vom Parkplatz der Hausbergbahn. Wer sich ein bisschen Strecke sparen will, der kann auch die Olympia- oder Kandaharabfahrt aufsteigen, das ist allerdings nur bei geschlossenem Skigebiet möglich. Vom Parkplatz der Hausbergbahn führt eine ausgeschilderte Skitouren-Route zum Kreuzeckhaus. Als brave Alpinisten wählen wir die Variante vom Hausberg. Im Schein der Stirnlampen geht es die Pisten hinauf im Skigebiet Garmisch Classic. Nur von einem sehr sehr schnellen Kollegen überholt, kommen wir gut voran und passieren das Kreuzeckhaus, wo wir uns in Richtung Alpspitze wenden.

Sonnenaufgang im Skigebiet Garmisch Classic

Wir queren flach auf der Piste hinüber in Richtung Hochalm. Normalerweise würden um diese Uhrzeit hier die ersten Pistenfahrer ihre Spuren in die frisch gewalzte Piste ziehen. Heute haben wir alles für uns allein.

Vom Kreuzeckhaus (im Hintergrund) geht es hinüber in Richtung Alpspitze

Nun kommt ein landschaftlich sehr schöner Abschnitt, als wir um 9:00 Uhr morgens die Talstation der Hochalmbahn passieren. Hier oben hat der Winter die Natur noch voll im Griff und wir steigen über traumhaft verschneite Hänge immer weiter dem Osterfelderkopf zu.

Tolle Morgenstimmung an der Hochalmbahn, im Hintergrund das Ziel des Tages

Dort angekommen haben wir bereits mehr als die Hälfte der Höhenmeter im Anstieg absolviert. Wir verschnaufen kurz und orientieren uns dann gleich linker Hand, wo wir einer breiten Spur in Richtung Einstieg zur Nordwand-Ferrata folgen. Um kurz nach 10 Uhr am Morgen kommen wir dort an und machen eine etwas längere Pause, in der die Ski samt Stöcken an den Rucksack kommen, wir die Steigeisen montieren und uns mit Pickel in der Hand abmarschbereit machen. Sicherheitshalber haben wir Sitzgurt und Klettersteigset mitgenommen, dieses werden wir aber nicht wirklich benötigen.

Mit aufgeschnallten Ski und Steigeisen an den Füßen geht es die Nordwand-Ferrara nach oben

Die ersten Höhenmeter sind wunderschönes Stapfen in der schattigen Nordwand. Ein bisschen fällt die Sonne hinein und so sind die Hände nicht allzu kalt. Je felsiger das Terrain wird, um so öfter kommt das Drahtseil zum Vorschein, wir kommen aber zu Fuß auch ohne gut voran. Immer wieder wechseln sich einfache Gullys und wegähnliches Gelände ab und die technischen Schwierigkeiten würden ein schnelleres Steigen zulassen – hier ist eher die „Pumpe“ der limitierende Faktor.

Ein spaßiger Anstieg mit wechselnden Firn- und Felspassagen

Die Ausblicke ins winterliche Höllental, den Jubiläumsgrat und bis zur Zugspitze sind spektakulär. Das Wetterstein-Gebirge im Winter – einfach toll! Nach ein paar letzten Metern Kletterei, auf welchen die Drahtstifte am Fels und das ein oder andere Mal auch das Drahtseil sich doch als sinnvoll erweisen, ist es dann soweit: Kurz vor 13:00 Uhr stehen wir dann am Gipfelkreuz der Alpspitze! Was für eine tolle Tour, 2000 Höhenmeter vom Tal aus auf den Gipfel (und das war es noch nicht).

Die letzten Meter auf den Gipfel mit Tiefblicken ins Höllental

Wir machen einige Fotos, sind aber auch nicht wie erwartet ganz alleine auf dem Gipfel. Gut aufpassen müssen wir mit den Steigeisen, um nicht einem Kollegen mit dem Gleitschirm die Leinen zu verwirren. Stattdessen geben wir ein paar Momente später gerne Starthilfe beim Abflug für den schnellsten (und schönsten?) Weg ins Tal. Bestes Flugwetter an diesem Tag (insofern ich das beurteilen kann). Fast eine Stunde bleiben wir am Gipfel und genießen das fantastische Wetter und die grandiose Aussicht.

Der legendäre Jubiläumsgrat mit dem Hochblassen (links) und der Zugspitze (rechts)

Es ist angenehm windstill und warm und so gibt es keinen Grund zur Eile. Da wir im unteren Teil auf den Pisten des Garmischer Skigebiets fahren werden, müssen wir auch nicht befürchten, dass der Schnee schlecht wird. Für die Abfahrt bieten sich mehrere Möglichkeiten. Bei unsicherer Lawinen- oder Schneelage ist es empfehlenswert, mit Steigeisen dem Ostgrat bis unter das Oberkar zu folgen und erst dann in Richtung Stuibensee abzufahren. Da für uns die Bedingungen gut wirken, entscheiden wir uns aber für die Variante mit einer direkten Abfahrt ins Oberkar (40°). Gerade noch so genug Schnee liegt in der Rinne und teilweise reicht es nur mit ganz viel Kreativität, seitlich durchzurutschen. Sehr vorsichtig rutschen wir die apersten Stellen ab. Zwar kein direktes Absturzgelände, aber ein Sturz hätte trotzdem schlimme Folgen, denn man würde sicher vor dem Becken unterhalb des Oberkars nicht mehr zum Stehen kommen und die Felsen unterwegs „mitnehmen“.

Das Oberkar im Rückblick: bis zu 40° steil und zum Teil schwieriges Skigelände

Nach dem felsigsten Stück können wir dann auch wieder schwingen und wir fahren ins Oberkar hinunter. Nun geht es in bestem Skigelände hinunter Richtung Stuibensee und schnell lassen wir den Bernadeinkopf linker Hand liegen. Nun gilt es, den Markierungen im Wald zu folgen, um nicht zu weit nach unten abzufahren. Denn nun muss man im weiten Linksbogen den richtigen Ausgang aus dem Wald treffen, um am Bernadeinlift anzukommen. Dieser läuft natürlich normalerweise, doch was ist in diesen Zeiten schon normal? So heißt es also für uns: erneut anfellen und knapp 350hm zu einer Bergwachthütte im Skigebiet erneut ansteigen. Dieser Gegenanstieg ist natürlich unangenehm und wir teilen uns kameradschaftlich unseren letzten Rest Tee aus der Thermosflasche. Zu diesem Zeitpunkt haben wir dann 2300hm im Aufstieg bewältigt und sind der Meinung, dass die Abfahrt spätestens jetzt hochverdient sei. Da das der Fall ist, fellen wir ab und starten eine sehr lange Abfahrt, die erst am Parkplatz der Hausbergbahn in Garmisch-Partenkirchen endet.

Während der Abfahrt im Skigebiet – im Hintergrund der Gipfel der Alpspitze und die darunter liegende Nordwand

Zur Belohnung für unsere lange Tour fährt auf der Kochelbergabfahrt der Pistenbully direkt vor uns und so genießen wir eine frisch präparierte Spur zwischen meterhohen Eishügeln, welche sich durch fehlende Präparierung, aber viel Skitourenbetrieb im Winter hier gebildet haben. Nach 31km Tourenlänge und 2300hm im Aufstieg haben wir die anschließende Pizzabestellung beim Italiener mehr als verdient. 


Facts zur Tour

  • Mühen: Ohne Seilbahn sehr lange Tour, welche Kondition für >2000hm erfordert
  • Freuden: Sehr spannende und abwechslungsreiche Tour mit vielen Facetten, tolle Ausblicke
  • Risiken: Lawinensituation für die Anstieg durch die Ferrata und die Abfahrt ins Oberkar beachten
  • Aufstieg: 2300hm / ca. 8:00h (davon 350hm Gegenanstieg auf der Abfahrt)
  • Abfahrt: 2300hm / ca. 1:30h
  • Exposition: Nord, Ost
  • Schwierigkeit: Kletterei bis max. I, Abfahrt bis 40°
  • Charakter der Tour: Kombinierte Ski- / Wintertour
  • Equipment: Skitourenausrüstung, LVS-Gerät, Schaufel, Sonde, Steigeisen, Pickel, Sitzgurt, ggf. Klettersteigset
  • Beste Jahreszeit: Februar-April

Fazit

Die Alpspitze im Winter ist eine große Skitour im Wetterstein, welche Touren wie der Leutascher Dreitorspitze in nichts nachsteht. Wer die seltene Chance bekommt, die Tour bei geschlossenem Skigebiet zu machen, dem ist ein einzigartig einsames Bergerlebnis garantiert. Dann sind aber auch 2300hm im Aufstieg zu bewältigen, davon rund 500 zu Fuß mit Steigeisen. Für die Nordwand-Ferrata sollte man sicher mit Steigeisen im kombinierten Gelände gehen. Wer die Abfahrt ins Oberkar wählt, muss extrem sicher auf Ski stehen, ansonsten ist diese Variante nicht zu empfehlen. Wer alle Voraussetzungen mitbringt, der wird eine extrem abwechslungsreiche Skitour geboten, welche nahezu alle Aspekte des Winterbergsteigens umfasst. Ein früher Aufbruch ist sinnvoll, im Frühjahr unbedingt Harscheisen dabei haben.

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