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EHRWALDER SONNENSPITZE SÜDGRAT

Schöne und lange Gratkletterei auf „Ehrwalder Matterhorn“ über den Südgrat (V-).

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Schon etwas länger hatte ich diese Tour im Kopf. Eine lange Gratkletterei mit abwechselnden Kletter- und Kraxelpassagen, dazu mit ein paar Höhenmetern Zustieg und garantiert wenig Stau auf der Route.

An einem sonnigen Samstag – es war wenig bis keine Gewitter- oder Schauerneigung angesagt – erschienen Jana und mir dann die Voraussetzungen gegeben und wir setzten uns schlaftrunken ins Auto, um um kurz nach 8 Uhr morgens am Campingplatz in Biberwier loszumarschieren in Richtung Biberwierer Scharte.

Start am Morgen in Biberwier – das Tagesziel mit dem Südgrat (rechts) schon im Blick

Die Ehrwalder Sonnenspitze hat mehrere Routen, der klassische Aufstieg ist eine alpine Führe (II) über eine mit Standplätzen versicherte Route auf der Südseite. Ebenfalls interessant ist der Südgrat, welcher Kletterei im unteren fünften Schwierigkeitsgrad erfordert.

Langsam kommt die Biberwierer Scharte näher
Am Ende des Latschengürtels wird der Steig etwas alpiner

Der Zustieg zur Biberwierer Scharte gestaltet sich als erfrischender Morgen-Spaziergang – die etwas über 1000 Höhenmeter gehen uns recht flott von den Füßen und so erreichen wir noch vor 10 Uhr die Biberwierer Scharte. Wir pausieren an einer windgeschützten Stelle und trinken ein paar Schlucke von unserem – für die Länge der Tour – doch recht knapp bemessenem Wasservorrat.

Gut markiert geht es zuletzt durch den Schutt hinauf in die Scharte
Von der Scharte geht es durch Schrofengelände zum Einstieg (unterhalb der oberen Felsen)

Über Schrofengelände geht es noch ein paar Höhenmeter aufwärts bis zum Einstieg in die Kletterei, wo wir uns in voller Montur parat machen. Keile haben wir keine dabei, jedoch ein paar Schlingen und einen Friend (.75) zur zusätzlichen Absicherung – das zusätzliche Material würden wir aber nicht benötigen (weitestgehend genügen sechs Express-Schlingen).

Der Einstieg in die erste Seillänge

Der Einstieg in die Route verlangt gleich auf der ersten Seillänge ordentliches Zupacken. Nach einem kurzen Aufschwung im IV. Grad geht es auf einem Grasband nach links und dann folgt die Stelle, welche zurecht als V- bewertet ist.

Wamperter Schrofen (rechts) und Grünstein (links)

Der Fels ist kalt, die Finger ebenfalls und trotz Fleece und langer Hose fallen so die ersten Meter doch eher schwer. Ich mühe mich eine leicht überhängende Stelle hinauf, bis das Gelände sich wieder mehr zurück neigt. Glücklicherweise gibt es scharfe Schuppen, an denen man sich bestens halten kann. Nach nur einer Seillänge ist der Kletterspaß auch schon wieder vorbei und als Jana bei mir am Stand angekommen ist, wechseln wir wieder auf Trailrunner und steigen die folgenden „Seillängen“ hinauf durchs Schrofengelände, immer in der Nähe der beeindruckend scharfen Gratschneide.

Der Ausstieg aus der 1. Seillänge – hier wird das Gelände schon wieder flacher
Der Gratverlauf des Südgrats
Die folgenden „Seillängen“ sind besser ohne Kletterschuhe und ohne Seil zu bewältigen
Der Drachensee mit den Griesspitzen im Hintergrund
Weiter geht die Kletterei, wieder mit Seil

Zum Ende der Gehpassage wird das Gelände wieder etwas kletterähnlicher (I. Schwierigkeitsgrad) und mit der 7. Seillänge folgt dann wieder Terrain, welches Kletterschuhe und Seil verlangt (IV+). Diese Seillänge macht uns ausgesprochen viel Spaß, denn mit vielen kleinen Griffen und einer nett zu kletternden Kante geht es nach oben zum Stand. Eine weitere IVer-Länge direkt darüber macht ebenso Spaß und wir beschließen, die folgenden drei SL (jeweils I) durchzusteigen, ohne das Seil abzulegen. Wirklich sichern müssen wir nicht und können wir gar nicht, aber diese Zwischenpassage ist auch mit Seil durchziehen schnell bewältigt.

Die Stände sind gut angelegt, meist aus der Steinschlagzone, auch wenn der Fels insgesamt sehr fest ist
Beeindruckende Tiefblicke
In einigen der Gehpassagen lohnt es sich nicht, auszuseilen

Die nun folgende Seillänge (12. SL) ist aus meiner Sicht die Schlüsselstelle der Tour. Vom Stand geht es nach rechts weg und über eine grifflose Platte nach oben. Hier steckt ein Schlaghaken im einzig vorhandenen Tritt und daher musste dieses altertümliche Eisenteil meinen Fuß aushalten. Direkt daneben ist ein Klebehaken angebracht – abstürzen kann man also nicht.

Einer der letzten Aufschwünge in Richtung Gipfel

Nach der 12. SL geht es nochmal durch einfaches Gelände aufwärts (II), vorbei am Ausstieg der Route „Sommerzeit“ bis hin zur letzten Seillänge, welche wirklich gesichert werden muss (IV). Diese klettern wir nochmal mit Vergnügen und anschließend nehmen wir das Seil auf, um die Längen 17 und 18 dann seilfrei in Richtung Gipfel zu klettern.

Das letzte Kraxelgelände, bevor es zum letzten ernsthaften Aufschwung (16. SL) geht
Zumeist spaßiges Gelände auf dem Weg nach oben

Vom Ausstieg geht es über Schutt hinauf auf den Vorgipfel und über den Verbindungsgrat zum Hauptgipfel, wo viel Platz zum Pausieren verlockt.

Vor den letzten beiden Seillängen kann das Seil aufgenommen werden
Zu Fuß geht es hinüber zum Gipfel

Wir sind zufrieden, stolz – und dankbar, dass das Wetter trotz ein paar dunklerer Wolken gehalten hat. Der Südgrat ist doch ein eher längeres Unterfangen und aufgrund der Wechsel zwischen Kletter- und Gehpassagen auch im Materialhandling nichts für Fast & Light.

Die Zeit für einen kurzen Eintrag im Gipfelbuch muss sein
Das Gipfelselfie
Blick in Richtung Wettersteinmassiv

Wir bleiben ein paar Minuten am Gipfel und machen uns dann auf den zeitaufwändigen Abstieg, denn die Südwandroute ist im Abstieg (Trailrunner sind hier vielleicht nicht das optimale Schuhwerk für wenig Geübte) nicht allzu einfach zu gehen. An einigen Eisenstangen kann hier bei schlechtem Wetter auch abgeseilt werden und auch im weiteren Abstieg passieren wir immer wieder eingerichtete Stände, die im Aufstieg und Abstieg helfen können.

Der Einstieg in die erste Rinne am Abstieg
Meist ist das Gelände im Südanstieg nicht zu schwer, erfordert jedoch trotzdem häufiges Benutzen der Hände und Vorsicht

Wir verzichten aber, das Seil nochmals herauszuholen und klettern mal vorwärts, mal rückwärts das Schrofengelände hinunter in Richtung des Weges, welcher von der Coburger Hütte zur Biberwierer Scharte zieht. Unten angekommen, überlegen wir noch kurz, einen Abstecher zur Coburger Hütte zu machen, entscheiden uns dann aber für den Abstieg nach Biberwier, um schneller beim Abendessen anzukommen.

Rückblick auf die Tour vom Camping Biberwier

Die 1000 Höhenmeter von der Biberwierer Scharte in schönstem Abendlicht runden dann eine lange und ausgedehnte Tour ab und am Auto angekommen, stelle ich fest, dass ich nur 400 ml getrunken habe. Schnell die Flüssigkeitsspeicher aufgefüllt, geht es für uns zum Abendessen


Facts zur Tour

  • Mühen: Recht lange Tour, längerer Zustieg und ein Abstieg mit vielen Kraxelpassagen
  • Freuden: Tolle Aussicht in Richtung Wetterstein
  • Risiken: Kein schneller Rückzug vom Gipfel möglich
  • Aufstieg: 1050 hm Zustieg / ca. 2:00 h, 400 hm Kletterei / ca. 4:00h
  • Abstieg: 1500 hm / ca. 3:30h
  • Exposition: West, Süd, Ost
  • Schwierigkeit: Kletterei bis V- UIAA
  • Charakter der Tour: Alpine Gratkletterei
  • Equipment: Kletterausrüstung, 60m-Seil
  • Beste Jahreszeit: Mitte Juni – Oktober

Fazit

Der Südgrat der Ehrwalder Sonnenspitze ist eine lange und ausgedehnte Gratkletterei. Das „Matterhorn Ehrwalds“ fordert den gesamten Alpinisten, denn die Schlüsselstellen, insbesondere in der ersten und in der zwölften Seillänge, sind zwar gut abgesichert, jedoch sollte man den fünften Grad sicher beherrschen, die Hakenabstände sind alpin. Der etwas längere Zu- und Abstieg erfordert außerdem stabile Wetterverhältnisse und genügend Ausdauer. Auf dem Abstieg kann auf der Coburger Hütte eingekehrt und der Wasservorrat aufgefüllt werden.

Links zu einer guten Tourenbeschreibung: https://www.bergsteigen.com/touren/klettern/sonnenspitze-suedgrat/

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