Zum Inhalt springen

FLUCHTKOGEL (3497m)

Schöne und wenig schwierige Hochtour auf einen abgelegenen Ötztaler 3000er.

, ,

Herbstlich ist es geworden in den Alpen. Nach einem tollen Hochtouren-Sommer in den Westalpen, möchte ich noch mit meiner Mama in den Ostalpen zwei Touren gehen. Die Wahl fällt auf die Ötztaler Alpen – genauer gesagt auf das Kaunertal – welches landschaftlich reizvolle und in der Regel abgelegene Touren bietet.

Staubedingt fahre ich über den Arlbergtunnel ins Inntal und von dort bis ins hintere Kaunertal. Bis zum Gepatschhaus kann man per Auto fahren (mautpflichtig) und genau dort parke ich dieses am Samstagnachmittag im Nieselregen. Meine Mama ist bereits auf dem Weg zur Rauhekopfhütte, da sie bereits vor mir im Kaunertal war, um dort ein paar Touren zu gehen.

Der Herbst hält Einzug im Kaunertal

Durch den Regen verliere ich keine Zeit im Anstieg und bin schon nach etwa 45 min am Gletscherrand des mächtigen Gepatschferners und treffe dort auf meine Mama. Da der Gletscher natürlich nach dem viel zu heißen Sommer völlig aper ist, legen wir die Steigeisen an, verzichten aber auf das Seil. Über den Gletscher geht es in leichter Steigung aufwärts und schon bald suchen wir den besten Weg durch die großen Spalten am orthografisch linken Rand, um den Übergang in die Felsen zu finden. Durch den Gletscherrückgang muss der Weg jährlich nach unten verlängert werden und durch den Regen ist das Gelände stark aufgeweicht.

Auf dem untersten Teil des Gepatschferners
An der richtigen Stelle kann man den Gepatschferner im Hüttenzustieg trotz einiger Spalten problemlos passieren

Wir entledigen uns der Steigeisen und steigen im nassen Schutt hinauf auf einen Rücken, der bequem zur Rauhekopfhütte führt. Pünktlich zum Abendessen erreichen wir die gemütliche und kleine Hütte. Wir werden vom Hüttenteam empfangen, welches übrigens alle zwei Wochen wechselt – denn die Mitglieder der Sektion bewirten die Hütte rollierend, es gibt keinen festen Hüttenwirt.

Die Dusche vor der Hütte stünde bereit – ich verzichte gerne bei diesen Temperaturen!
Die gemütliche Rauhekopfhütte auf 2731 m

Nach einer entspannten Nacht starten wir bereits kurz nach 6 Uhr in Richtung Gletscher. Dieser ist in einem mitleidserregenden Zustand und wir können froh sein, dass weiter oben minimal Neuschnee das Gehen erleichtern wird. Im unteren Teil ist der in diesem Bereich spaltenarme Gepatschferner aper und flach. Wir steigen mit Steigeisen über das ewig weite Plateau hinauf und passieren noch den Punkt „Im Sumpf“. Wendet man sich erst hier nach links, dann kann man die folgende Spaltenzone an einer geeigneten Stelle passieren.

Früh morgens am Gepatschferner
Die Ehrichspitze im Aufstieg in Richtung Brandenburger Haus
Am Beginn der Spaltenzone
In den flachen Zugzonen lauern tückische Spalten, die sich nach unten hin vergrößern

Durch die starke Ausaperung (auch auf 3000 m) liegt kaum Schnee auf dem Gletschereis und so müssen wir ganz geduldig jede einzelne Spalte – mittlerweile am Seil – überspringen oder umlaufen. Die Orientierung ist interessanterweise auch bei gutem Wetter und klarer Sicht nicht immer so einfach – ein Blick auf den GPS-Track nach der Tour verrät manchmal seltsame „Umwege“.

Das Brandenburger Haus
Inzwischen zeigt sich ein wenig der versprochene blaue Himmel

Wir queren unterhalb des Brandenburger Hauses durch und erreichen problemlos den Kesselwandferner. Auf diesem geht eine gute Spur aufwärts in Richtung Oberes Guslarjoch. Hier gilt es, sich links zu halten, denn dann vermeidet man zu viele Umwege durch sehr breite und lange Spalten. Trotzdem müssen wir ein wenig im Zickzack laufen, bevor wir den Übergang durch die Felsen erreichen. Im unschwierigen Gipfelhang gibt es dann keine Spalten mehr und wir gehen bequem auf den schönen und aussichtsreichen Gipfel zu.

Der Gipfelaufbau des Fluchtkogels
Die markante Kesselwandspitze (3414 m)
Blick in Richtung Brandenburger Haus und im Hintergrund die Weißkugel

Die Aussicht inmitten der Ötztaler Alpen ist zwar wetterbedingt etwas getrübt, jedoch ist die Landschaft hier oben immer spektakulär. Die größte zusammenhängende Gletscherfläche der Ostalpen umgibt uns und der Blick geht bis zur Bernina und dem Ortlergebiet.

Die Wildspitze aus einer eher ungewöhnlichen Perspektive (zweithöchster Berg Österreichs)
Die markante Weißkugel (dritthöchster Berg Österreichs)
Die Weißseespitze oberhalb des Gletscherskigebiets Kaunertal
Die Mama mit dem Sohn auf Hochtour: seit mehr als 20 Jahren!

Einige Bergsteiger sind auch von der Vernagthütte herauf gekommen und wir bleiben ein paar Minuten am Gipfel. Der Abstieg dauert auf dieser Tour fast gleich lang wie der Aufstieg, denn geht es auf dem Gepatschferner zwar leicht bergab, aber so muss doch auch die gesamte Strecke „brav“ zurückgelaufen werden. Insgesamt 16 km, fast alles davon auf Gletscher, sind dann bei diesen Verhältnissen doch eher viel.

Die Rauhekopfhütte in schöner Abendstimmung

Auf dem aperen Gletscher müssen Fußgelenke und Knie dann nochmal beansprucht werden, bis wir den Gletscherrand und nach ein paar Minuten Abstieg auf dem gut markierten Weg die Rauhekopfhütte erreichen.

Tolle Abendstimmung am Glockturmkamm
Das wilde Kaunertal

Fazit

Der Fluchtkogel ist von der Rauhekopfhütte eine leichte Hochtour, welche aber weitgehend über vergletschertes Gelände führt und daher sicheres Gehen auf Steigeisen und am Seil erfordert. Der Gepatschferner ist im mittleren Teil der Tour recht spaltig, weshalb unbedingt angeseilt werden muss. Bei schlechter Sicht ist die Orientierung auf dem weitläufigen Gletscherbecken schwierig, dann unbedingt nach GPS gehen.


Facts zur Tour

  • Mühen: Lange Gletscherwanderung, bei aperem Gletscher recht kraftraubend
  • Freuden: toller Aussichtsberg mit 360°- Panorama in den Ötztaler Alpen
  • Risiken: Phasenweise spaltiger Gletscher
  • Aufstieg: 780 hm / ca. 3:30 h (ab der Rauhekopfhütte)
  • Abstieg: 780 hm / ca. 2:30 h (zur Rauhekopfhütte)
  • Exposition: Nord, Süd
  • Schwierigkeit: L+
  • Charakter der Tour: Hochtour, Gletscherkontakt,
  • Equipment: Gletscherausrüstung, 30m Seil
  • Beste Jahreszeit: Juni-September

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner