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DENT BLANCHE (4358m)

Lange und anspruchsvolle Tour auf einen imposanten Walliser Kletterberg.

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Der „Weiße Zahn“ thront hoch über dem Val d’Hérens, welches bei Sion aus dem Rhônetal abzweigt. Ganz im Süden dieses Tals eröffnet sich eine gewaltige Fels- und Eiswelt, welche sowohl im Sommer, als auch im Winter grenzenlose Möglichkeiten für ambitionierte Bergsteiger bietet. In Les Haudères verzweigt sich das Tal in zwei Stränge. Rund um Arolla befinden sich zwar keine Viertausender, doch die Touren stehen den prominenten Kollegen der „Vierer-Kategorie“ in nichts nach und sind von Anspruch und Länge doch recht fordernd. Auf der anderen Seite reicht der besiedelte Teil des Tals bis kurz vor den Ferpècle-Stausee, welcher gleichzeitig den Ausgangspunkt für hochalpine Abenteuer darstellt. Zwei Viertausender markieren im Südosten den Talabschluss – die Dent Blanche und die Dent d’Hérens. Etwas verwundert mag man sein, da doch die Dent Blanche nur nach Neuschnee wirklich „blanc“ ist und gleichzeitig die Dent d’Hérens eine markante weiße Nordflanke aufweist. Einigen Quellen zufolge liegt hier eine Verwechslung vor, denn eigentlich ist die Dent Blanche vom Val d’Hérens bedeutend dominanter wahrzunehmen als die mit dem Tal gleichnamige Dent d’Hérens, die sich am Hauptkamm zwischen Matterhorn und Grand Combin erhebt und aus dem Tal gar nicht einsehbar ist.

Nachdem Jana und ich mit Nadelgrat, Zinalrothorn und Mönch schon drei anspruchsvolle Touren erfolgreich gemeistert haben, gönnen wir uns einen Tag Erholung mit – wetterbedingtem – Essensausflug nach Zermatt. Nach Crêpes und Eis fühlen wir uns gestärkt, über weitere alpine Abenteuer nachzudenken. Die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist eher bescheiden und trotzdem entschließen wir uns, ins Val d’Hérens zu fahren, was auch landschaftlich einen Ausflug wert ist. Von meiner Mama habe ich einen guten Campingplatz genannt bekommen und so rollt unser Bus die anderthalb Stunden bis in den französischen Teil des Wallis. Einen weiteren Schlechtwettertag verbringen wir mit Trailrunning (bei 0° C und Nebel macht es doch einfach am meisten Spaß) auf die Cabane des Aiguilles Rouges und verlängern die Runde gleich bis Arolla. Ein paar Kilometer in den Beinen können beim anstehenden Mayrhofen Ultraks Zillertal ja nicht schaden. Endlich meldet der Wetterbericht zwei stabile Spätsommertage (im Hochgebirge ist Ende August schon eher Spätsommer) und so verlassen wir den Camping und fahren zum Ferpècle-Stausee, von wo aus wir den Aufstieg zur Cabane de la Dent Blanche beginnen.

Mittagshitze in der trockenen Luft im wunderschönen Val d’Hérens
Die Alpe Bricola thront über dem Talschluss von Ferpècle

Punkt 13 Uhr starten wir die GPS-Uhren in der Mittagshitze, welche uns aber nicht allzu sehr stört, denn zu Beginn führt der Weg durch wunderschöne Nadelwälder hinauf in Richtung Alpe Bricola. Wir passieren auch ein paar Bäche und so ist die Erfrischung an diesem warmen Tag nie weit. Die Wärme im Tal sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir durchaus überrascht sind, dass es an den vergangenen Tagen sicher 20 cm Neuschnee in der Höhe gegeben hat und so präsentiert sich die Dent Blanche auf der Westseite – passend zum Namen – weiß.

Die Dent Blanche vom Aufstiegsweg aus gesehen, frisch verschneit

Hinter der Alpe Bricola verlassen wir dann das sanfte Almgelände und auch der bequeme Wanderweg geht recht schnell über in einen alpinen Steig. Die äußersten Ausläufer des Glacier des Manzettes sind an dieser Stelle von viel Schutt bedeckt und so merken wir es gar nicht, dass wir durchaus schon Gletschereis unter uns haben, jedoch durch viel Geröll und Dreck versteckt. Besonders beeindruckend ist das nun vor uns liegende Gelände, denn der rasche Gletscherrückgang in den letzten Jahren hat eine weitläufige Fläche freigelegt, welche nun aus glattgeschliffenen Gesteinsplatten besteht, welche durchaus unangenehm zu gehen sind. Wir freuen uns, dass wir die Trailrunner noch angelassen haben und so recht bequem voran kommen. In diesem Gelände ist die Route durch Markierungsstangen ausgewiesen, welche sicher jedes Jahr neu errichtet werden müssen – die Orientierung fällt aber dank dieser Stangen doch eher leicht. Insgesamt sind es 1700 hm vom Parkplatz bis zur Hütte und wir wissen, dass noch rund 500 vor uns liegen. So langsam schreitet der Nachmittag voran und wir überlegen schon, was es denn auf der Hütte zum Abendessen geben könnte, als uns die ersten Rückkehrer vom Gipfel entgegen kommen. Da es doch schon eher spät ist, rechne ich mir aus, dass die Verhältnisse nicht ganz optimal sein dürften. Nach zwei Nachfragen wissen wir das bestätigt – der Neuschnee macht die Tour aktuell etwas schwieriger als normalerweise.

Wir lassen uns nicht beirren, denn wie immer – erstmal selber anschauen – und so steigen wir einer Felsrippe zu, auf der man nun unter Benutzung der Hände in leichtem Blockgelände nach oben kraxelt. Die etwas schwereren Rucksäcke machen es uns nicht allzu leicht, doch wir kommen ganz gut voran. Kurz vor 17 Uhr erreichen wir das Schneefeld, welches am Ende ein wenig steil hinauf zur Hütte führt. Ohne, dass wir auf Bergschuhe wechseln mussten, kommen wir 17:20 Uhr an der Hütte an und werden von einem sehr engagierten Zwei-Mann-Hüttenteam empfangen.

Die Cabane de la Dent Blanche – eine urige und sehr hoch gelegene Hütte
Die Dent d’Hérens im Abendlicht
Die wilden Felsformationen des Mont Colon
Stimmungsvolles Wolkenspiel in der wilden Gegend um Arolla
Tête de Valpelline und Tête Blanche
Die markante Aiguille de la Tsa

Auf nicht mehr als 5 Quadratmetern Küche zaubern George und sein Helfer für über 30 Gäste ein tolles Abendmenü und wir essen uns ordentlich Kalorien für den nächsten Tag an. Etwas ungeschickt finde ich die späte Frühstückszeit von 4:30 Uhr, denn bei einer Tour dieses Kalibers wäre ich doch gerne eine Stunde früher unterwegs gewesen. Wir können es nicht ändern und sehen es positiv – für Westalpen-Verhältnisse ist Ausschlafen angesagt!

Auf die Dent Blanche führen mehrere Routen, zum Teil sehr spannende und herausfordernde Varianten, wie der Viereselsgrat oder auch der Ferpèclegrat. Unsere Tour führt über den Wandfluegrat, welcher ab der Cabane de la Dent Blanche die einfachste Route auf den 4358 m hohen Gipfel bietet. Trotz nur rund 850 Metern Höhendifferenz ab der Hütte fordert die Tour den kompletten Alpinisten, denn es muss bis in den unteren vierten Grad geklettert werden.

Von der Hütte geht die Kletterei sofort und ohne Umschweife los

Wie üblich sind die Führerseilschaften nach dem Frühstück als erstes vor der Hütte und wir stressen uns trotz der späten Zeit nicht allzu sehr. Im Gedränge klettern macht dann doch weniger Spaß. Hinter der Hütte geht es auch schon unmittelbar los, keine drei Meter Warmlaufen sind möglich, es geht sofort im II. Schwierigkeitsgrad los in Richtung Wandfluelücke. Nach etwas mehr als 100 Höhenmetern erreichen wir ein kleines Plateau, auf dem man sehr bequem die Steigeisen anlegen kann. Ab sofort geht es ein steiles Firnfeld hinauf in Richtung Wandfluelücke (3705 m). Auch wenn in den Routenbeschreibungen und auf den Landkarten nichts dazu vermerkt ist, gilt es – speziell im Hitzesommer 2022 – hier gut aufzupassen: einige – zum Teil große – Spalten haben sich hier aufgetan und wir gehen vorsorglich am Seil. Der Neuschnee macht das Gehen zwar angenehm, doch weiß ich, welche Gefahr bei windverfrachtetem Neuschnee auf Gletschern auch lauern kann.

Rückblick zur Wandfluelücke
Nach der ersten Kletterpassage am Grat folgt Gehgelände

Auf der Wandfluelücke angekommen, wenden wir uns nach links und steuern auf den nächsten Felsgrat zu, der sich vor uns in Richtung Norden aufbaut. Bis hierhin sind wir sehr gut voran gekommen und haben alle Seilschaften ohne Bergführer hinter uns gelassen. Wir kraxeln den Blockgrat hinauf während das erste Licht des Tages die umliegenden Gipfel in blaues Licht taucht. Was für ein spektakuläres Panorama! Als wir den ersten Absatz oberhalb des Blockgrats erreichen, bieten sich zwei Möglichkeiten. Entweder auf dem hängenden Gletscherfeld längs zu den Spalten queren in Richtung Fuß des Wandfluegrats oder – diese Variante dürfte vermutlich nur bei sehr wenig Schnee wie in diesem Sommer möglich sein – in der Wechte.

Kurios mag es erscheinen, doch wo normalerweise eine große Wechte in Richtung Schönbielgletscher überhängt, ist in diesem Sommer ein kleines Felsband, auf dem man problemlos gehen und kraxeln kann. Wir entscheiden uns für diese unkonventionelle, aber bequeme Route und erreichen so den nächsten Grataufschwung, welcher dann recht zügig auf den eigentlichen Beginn des Wandfluegrats hinführt. Die ganze Zeit über lassen wir die Steigeisen an und – zu unserer Überraschung – würden wir dies auch die restliche Route bis auf den Gipfel tun.

Punkt 6:45 Uhr folgt dann ein spektakulärer Sonnenaufgang, den wir ausgiebig genießen und einige Fotos machen.

Sonnenaufgang zwischen Täschhorn und Ober Gabelhorn – welch ein Panorama
Die ersten Sonnenstrahlen erreichen das Matterhorn
Dent d’Hérens in Morgenstimmung
Grand Combin und Mont Blanc Massiv zur goldenen Stunde
Strahlhorn und Rimpfischhorn mit wunderschönem Wolkenmeer über dem Mattertal

Recht schnell geht es nach dem Beginn des Grats erstmalig in die Westflanke, wo wir in günstigem Schnee schnell nach oben kommen. Der Schnee ist stellenweise hart, aber nicht zu hart gefroren und so fühlen wir uns mit Steigeisen durchaus sicher.

Jana am Ort des Sonnenaufgangs
Zunächst geht es am schön zu kletternden Grat entlang
Die ersten Kletterpassagen in der Westflanke
Sicheres Klettern mit Steigeisen ist Pflicht bei diesen Verhältnissen (Foto: Harry Engelhardt)
Der Grand Gendarme baut sich mächtig vor uns auf
Nadelgrat (links) und Mischabelgruppe
Auf dem Weg zum Grand Gendarme (Foto: Harry Engelhardt)

Unterhalb des Grand Gendarme queren wir wieder in die Westflanke, was aufgrund des Neuschnees zwar eine etwas nassere, aber doch gar nicht so unangenehme Option ist. Überklettert man den Grand Gendarme, muss man mit spärlichen Sicherungsmöglichkeiten einen gestandenen IVer in Steigeisen sicher beherrschen, denn die Ausgesetztheit dort oben ist enorm. An diesem Tag wählt keine Seilschaft diese Variante, die Verhältnisse sind anspruchsvoll genug. In der Flanke finden wir guten Trittfirn, beim Aufsteigen in Richtung Grat merken wir aber dann, dass die Sicherungsstangen unter dem Schnee sind und wir so nur recht spärliche Zwischensicherungen legen können. Wir klettern genau hinter einer französischsprachigen Zweierseilschaft und ich überlege, ob ein Überholmanöver Sinn machen würde. Macht es an dieser Stelle der Kletterei nicht und so konzentriere ich mich aufs Fotografieren der nachkommenden Bergsteiger und der Landschaft. Weiter oben finden wir dann einen Stand mit zwei Bohrhaken, wo überholen möglich ist und so übernehmen wir die „Führungsarbeit“.

Morgendliche Kletterei im Mixed-Gelände (Foto: Harry Engelhardt)
Ausgesetzte Kletterei in den verschneiten Couloirs in der Westflanke (Foto: Harry Engelhardt)
Am laufenden Seil ist zügiges Vorankommen möglich
Immer wieder werden die Kletterpassagen durch Gehpassagen unterbrochen (Foto: Harry Engelhardt)
Die Ausgesetztheit ist mal mehr, mal weniger (Foto: Harry Engelhardt)

Einige Stellen sind durchaus anspruchsvoll zu klettern, denn oft fehlen die Anhaltspunkte, an welchen Stellen das erneute Aufsteigen auf den Grat Sinn macht und wie lange man sinnvollerweise in der Flanke klettert, ohne in unangenehm brüchiges Gelände zu kommen. Ein paar Bohrhaken erleichtern die Orientierung und geben auch beim Sichern etwas Sicherheit. Im oberen Teil klettern wir dann fast ausschließlich nur noch am oder direkt neben dem Grat und kommen entsprechend zügig voran. Als zweite Seilschaft nach den Bergführern erreichen wir gegen 9:30 Uhr den Gipfel der Dent Blanche!

Die letzten Meter zum Gipfel der Dent Blanche
Am Gipfel angekommen (Foto: Harry Engelhardt)
Gewaltige Aussicht in Richtung Zermatt mit Monte Rosa und Lyskamm

Was für ein Gipfel, was für eine Aussicht! Definitiv einer meiner schönsten Viertausender, wenn nicht vielleicht sogar der schönste bisher. Wir bleiben doch etwas länger am Gipfel, denn die angenehmen Temperaturen und der wenige Wind laden geradezu zu einer Gipfelrast ein. Das Panorama ist gewaltig: vom Matterhorn über den gesamten Zermatter Hauptkamm bis zum Monte Rosa Massiv, dazu alle Viertausender des Saastals und bis ins Berner Oberland reicht der Blick. Ebenso beeindruckend ist der Blick in die andere Richtung, denn auch Grand Combin und Mont Blanc Gebiet erscheinen zum Greifen nahe. Die Dent Blanche liegt doch recht zentral im beeindruckenden Reich der Viertausender der Westalpen. Wir machen einige tolle Gipfelbilder und genießen die schöne Stimmung.

Der wohl bekannteste Berg der Alpen wirkt sehr nah
Blick in Richtung Chamonix – das Reich der schweren Kletterberge
Das mächtige Weisshorn
Zinalrothorn mit Neuschnee
Das markante Ober Gabelhorn
Gipfelglück auf 4358 m
Viertausender, so weit das Auge reicht
Blick ins Berner Oberland

Erst 45 min später machen wir uns an den Abstieg, wo nun ein paar Seilschaften zusammen mit uns auf dem Weg sind. Zunächst kommen wir gut voran, doch an einer Abseilstelle staut es sich dann leider. Ich werde etwas unruhig, denn die hinter uns gehenden Seilschaften erkennen bereits das „Bottleneck“ und machen sich an den etwas heikleren Abstieg in die Flanke, wo man rückwärts abklettern muss. Ich möchte eigentlich an dieser Stelle abseilen und warte zunächst geduldig. Leider stellt sich heraus, dass die Seilschaft vor uns keinerlei Routine im Abseilen hat und obendrein noch ein Abseilgerät verloren hat. Eine geschlagene Stunde warten wir, bis wir auch abseilen können. Unser Set-up ist schnell aufgebaut, denn wir haben entschieden, dass wir an diesem Berg mit 30 m + 30 m Seil unterwegs sind. 30 m-Einfachseil für die Sicherung im Aufstieg und eine 30 m-Radline als Verlängerung beim Abseilen*, sodass wir 30 m Abseilstrecke in einem Zug machen können. Wir seilen einige Male ab und anschließend folgen weitere Abkletterpassagen, bis wir unterhalb des Grand Gendarme dann weitere vier Mal abseilen müssen. Inzwischen ist – ganz entgegen des Wetterberichts – eine Nebelbank aufgezogen und eiskalter Wind bläst uns sogar ein paar Schneeflocken um die Ohren. „Cazzo die Meteo“ ist die passende Kommentierung einer italienischen Seilschaft, die hinter uns abseilt.

Eine geschlagene Stunde warten wir an diesem Abseilstand
Plötzlich zieht Nebel auf und nimmt uns ein wenig die schöne Aussicht ringsherum
Zurück „in der Wechte“

Trotz des etwas unangenehmen Wetters und den teilweise mehrfach belegten Abseilständen schaffen wir es bis auf das obere Gletscherplateau, von wo aus wir dann seilfrei und einfach den Blockgrat zur Wandfluelücke hinunterklettern. Bis wir dann nach dem Gletscher und dem Blockgrat allerdings die Hütte erreichen, ist der Tag schon recht weit fortgeschritten. Kurz vor 17:30 Uhr sitzen wir in der Hütte und essen noch ein Suppe, bevor wir uns an den Abstieg ins Tal (1800 hm) machen.

Zurück ins Tal über den Hüttenweg
Das Finale: der wunderschöne Abstieg zurück nach Ferpècle

Der Abstieg ins Tal ist dann die unschwierige und landschaftlich sensationelle Draufgabe zu einer gewaltigen, anspruchsvollen aber auch wunderschönen Westalpentour. Wir genießen die Abendstimmung und es stört uns gar nicht, dass wir nach Erreichen des Talbodens unterhalb der Alpe Bricola dann noch die Stirnlampen anknipsen, um den Weg im Wald zu unserem Bus zu finden. Freundlicherweise dürfen wir am Campingplatz noch schnell duschen und auf dem Parkplatz kochen wir auch sogleich Nudeln mit Pesto, um die Energiespeicher wieder aufzufüllen. Keine Zeit verlieren wir und schon geht’s in Richtung Gardasee – uns rufen die Felsen um Arco herum, um noch ein paar Klettertouren zu unternehmen.


Hinweis

Die hier erwähnte „RAD Line“ oder „Radline“ von Petzl ist eine hyperstatische Reepschnur mit 6 mm Durchmesser. Dieses Seil ist ausschließlich für einige wenige Verwendungszwecke zugelassen. Die „Rescue and Descent“ Line habe ich bei Skihochtouren in Zweierseilschaft im Rucksack, um im Notfall eine Spaltenbergung zu erleichtern (falls der Seilschaftsführer auf der Abfahrt mit dem Seil im Rucksack in der Spalte ist). Im Sommer ist die Radline zwar auch immer mehr als klassisches Seil im Einsatz, vor dieser Verwendung kann ich jedoch nur warnen. Für Vorstiegssicherung ist die Radline gänzlich ungeeignet, da aufgrund der fehlenden Seilausdehnung ein Vorstiegssturz tödlich wäre oder mit schweren Verletzungen einhergeht. Für umsichtige Nachstiegssicherung am straffen Seil ist die Radline verwendbar, empfohlen ist sie zum Abseilen oder für statische Belastungen bei Rettungen. Beim Abseilen mit Einfachseil in Kombination mit der Radline unbedingt die unterschiedlichen Bremswirkungen im Abseilgerät beachten und ggf. eingreifen, um zu verhindern, dass die Radline schneller durchläuft und sich so der Knoten vom Abseilpunkt „entfernt“. Unbedingt immer Endknoten machen bei dieser Abseiltechnik und beim Abseilen an einem Ring, den Knoten groß genug machen und auf die „Abziehseite“ (= dort, wo die Radline hängt) legen. Beachtet man all dies und ist sich der Risiken gewahr, dann stellt die 30+30-Methode aus meiner Sicht eine geniale Möglichkeit dar, gewichtsoptimiert aber trotzdem mit allen Möglichkeiten zum Abseilen auf Hochtour unterwegs zu sein.


Fazit

Die Dent Blanche ist eine ausgewachsene Westalpentour mit großem Anspruch. Auch wenn auf der Landkarte die Entfernung und der Höhenunterschied nicht so groß ist, wie bei anderen Touren, so ist doch die Tatsache, dass man fast ausschließlich die Höhe erklettert, ausreichend, dass man hier sicher vier bis fünf Stunden auf den Gipfel und ebenso viele auch retour gut einplanen kann. Wer sich weniger Sicherung zutraut, wird sicherlich etwas schneller sein. Die Sicherungsmöglichkeiten sind vorhanden, aber nicht so luxuriös, wie beispielsweise am Zinalrothorn – hier ist eindeutig mehr eigene Absicherung gefragt. Bei winterlichen Verhältnissen wie wir sie hatten, ist sicheres Klettern mit Steigeisen im oberen III. Grad, stellenweise sicher auch mal im unteren IV. Grad unerlässlich. Beherrscht man all dies und hat außerdem die Kondition für zwei lange Tourentage, dann ist die Dent Blanche ein ganz großes Highlight, welches in der Sammlung der Viertausender keinesfalls fehlen darf. Die Aussicht und vor allem die umliegende Landschaft im hinteren Val d’Hérens sucht ihresgleichen!


Facts zur Tour

  • Mühen: Sehr langer Hüttenzustieg, lange Kletterei mit anhaltender Schwierigkeit
  • Freuden: grandiose Landschaft, meist fester Fels und ein Gipfelfinale, das seinesgleichen sucht
  • Risiken: Steinschlaggefahr, sobald man in die Flanke ausweicht, Griffe und Sicherungspunkte immer prüfen
  • Aufstieg: 850 hm / ca. 4:30 h (ab der Cabane de la Dent Blanche)
  • Abstieg: 850 hm / ca. 4:00 h (bis zur Cabane de la Dent Blanche)
  • Exposition: West, Süd
  • Schwierigkeit: ZS / III+ oder IV- (je nach Routenwahl)
  • Charakter der Tour: Hochtour mit langer Kletterei
  • Equipment: Gletscherausrüstung, 60m Seil (alternativ 30+30)
  • Beste Jahreszeit: Juli-September

Ein Gedanke zu „DENT BLANCHE (4358m)“

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