Alpine Kletterei im herbstlichen Dammkar in spektakulärer Kulisse.
Karwendel im Herbst? Na klar! Mitte November zieht es uns für eine letzte alpine Kletterei des Jahres ins Dammkar. Da wir am Wochenende in Oberbayern unterwegs sind, machen wir am Sonntag einen Abstecher nach Mittenwald, da das Wetter gut vorhergesagt ist. Zwar jahreszeitlich bedingt kalt und schattig, aber trocken und mit einigen Sonnenstunden am Nachmittag sollten uns ausreichen für eine Kletterei mit moderatem Zustieg. Da die Finger sicherlich kalt sein werden, versuchen wir den Einstieg auf den Mittag zu timen, damit wir zur wärmsten Zeit in der Route sind. Im Zustieg wünschen wir uns schon im Anstieg ein Mountainbike, da die längste Skiabfahrt Deutschlands sich im unteren Teil doch sehr flach ins Tal zieht. Spätestens im Abstieg ist hier das Fahrrad eine schöne Erleichterung. Nach der Dammkarhütte zieht ein Steig noch einige Meter hinüber zum Felsriegel, wo man sehr gut einsehbar den Einstieg findet.
Wir bewältigen den flachen Zustieg vom Parkplatz der Karwendelbahn zur Dammkarhütte in knapp anderthalb Stunden und sehen von dort aus schon den Einstieg zu unserer heutigen Tour: dem SW-Pfeiler und im oberen Teil dem Soldatenweg folgend auf den Predigtstuhl (1920m). Laut Topo erwarten uns 300 Klettermeter verteilt auf neun Seillängen. Gleich zu Beginn hat man die Wahl, ob man dem SW-Pfeiler in logischer Linie folgt, oder über den etwas leichteren Soldatenweg links ausweicht. Wir entscheiden uns für die anspruchsvollere Variante (UIAA IV+) und stellen fest, dass trotz Einstieg um die Mittagszeit die Finger beim ersten Felskontakt fast gefrieren.
Die ersten Seillängen sind mit 25-30 Meter nicht allzulang, dafür geht es aber vom Einstieg weg direkt im vierten Grad sportlich los. Da die Route frisch saniert wurde, nehmen wir die Einladung gerne an und verwenden die sehr sinnvoll gesetzten Bohrhaken gerne. Heute können Keile und Friends am Gurt bleiben, alle heiklen Stellen sind gut abgesichert. Wer durchgängig kurze Sicherungsabstände haben möchte, der führt sie aber besser mit.
Die oberen fünf Seillängen folgen dann dem klassischen Soldatenweg und hier wechseln sich Dreier-Gelände und teilweise sogar Gehpassen ab. Die Route bleibt so sehr abwechslungsreich und bietet außerdem erstklassige Standplätze mit viel Platz. Hängestände vermissen wir bei doch eher einstelligen Temperaturen an diesem Tag auch gar nicht. Immer wieder lässt die Routenführung Verschnaufpausen zu und wir schießen herbstliche Fotos. Da wir außer einer Seilschaft ein Stück vor uns auf keine weiteren Menschen treffen können wir uns alle Zeit der Welt lassen.
Spektakuläre Blicke zur Tiefkarspitze wechseln sich ab mit schöner und herbstlicher Aussicht ins bayerische Oberland. Vom frühen Wintereinbruch in diesem Jahr sehen wir noch einige Schneereste – der Winter naht.
Die letzten Seillängen genießen wir und mit steigendem Puls sind irgendwann auch die Hände dann langsam warm. Durch die Variante am SW-Pfeiler sparen wir eine SL und so sind wir nach knapp 3:00h am Ende der Kletterei angekommen und holen ein letztes Mal das Seil ein. Unschwierig geht es nach dem Ausstieg noch die letzten Meter hinaus zum Gipfel des Predigtstuhls.
Bereits um 16:30 Uhr bricht die Blaue Stunde an, als wir die Sonne hinter den Gipfeln des Ammergebirges verschwinden sehen. Wir genießen noch ein paar Minuten das einsame und ruhige Gipfelglück. Wissend, um die fortgeschrittene Tageszeit machen wir uns auf den Abstieg in Richtung Dammkar.
Im oberen Teil ist der Schutt ein wenig lose, doch bald schon erreichen wir einen bequemen Weg und passieren die Dammkarhütte. Die letzten Meter auf der Skiabfahrt zurück ins Tal legen wir die Stirnlampen an und erreichen kurz nach Einbruch der Dunkelheit unser Auto. Der Winter liegt in der Luft und schon bald lohnt es sich, die Tourenski aus dem Regal zu holen.
Facts zur Tour
Fazit
Der Fels auf dieser Route ist für Karwendel-Verhältnisse recht fest und solide. Der klassische Soldatenweg eignet sich auch bestens für unerfahrenere Kletterer. Doch Vorsicht: hier wollen zehn Seillängen bewältigt werden. Dies erfordert Kraftausdauer und längere Konzentration. Alle Standplätze sind mit Ringen ausgestattet und oft ist auch Hintersicherung per Bohrhaken einfach möglich.