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GIMPEL (2173m)

Alpinklettertour durch die „Alte Südwand“ (IV+) auf den Gimpel.

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Zu Beginn des Sommers müssen Thomas und ich lange überlegen, ob wir es nicht doch noch mit einer hohen Skitour versuchen. Da wir zwei Tage Zeit haben, würde sich dies zeitlich wohl schon ausgehen, aber in der zweiten Juni-Woche war die Nullgrad-Grenze bereits auf über 4000m geklettert, sodass wir uns gegen Ski entscheiden. Meine Erfahrung mit der Schneequalität eine Woche zuvor am Piz Palü bestärkt mich in dieser Entscheidung – der Winter ist in diesem Fall vorbei. 

Thomas und ich während des Zustiegs im Gimpelkar

Also treffen wir uns in kurzen Hosen in Nesselwängle und steigen aufs Gimpelhaus auf. Am ersten Tag machen wir mit dem Hüttengrat am Hochwiesler eine eher kürzere Mehrseillänge, am folgenden Tag wollen wir dann mit der „Alten Südwand“ eine etwas längere Mission in Angriff nehmen. Am Abend zuvor waren wir schon zum Sonnenuntergang auf der Roten Flüh und haben die spektakulären Herz-Jesu-Feuer bestaunt. Nachdem wir den Morgen gemütlich haben angehen lassen – schließlich ist es werktags – schlendern wir zum Einstieg hinauf. Nicht länger als 35min vom Gimpelhaus müssen wir gehen und schon stehen wir im Gimpelkar am Einstieg. Wir steigen die ersten zwei Seillängen (I und II+) noch seilfrei hinauf, erst am zweiten Stand seilen wir dann an und bringen uns in Position.

Am zweiten Stand seilen wir an und steigen dann am Doppelseil gesichert in die dritte Seillänge ein

Vor uns klettert keine Seilschaft und so müssen wir keine Steine von oben befürchten. Hinter uns steigt eine weitere Seilschaft ein, jedoch haben die Kollegen wohl kein Topo dabei, immer wieder verlassen sie die Route und klettern ihre eigene kreative Linie. Die dritte Seillänge, welche unseren offiziellen Kletterstart markiert, traversiert auf einem Band nach rechts (III), sodass man leichtes Klettergelände hat, um in die Route zu finden. Nach dem dritten Stand steigt Thomas vor und quert an einer Platte nach rechts hinaus (IV), anschließend geht es dann wieder direkt nach oben in Falllinie.

Aussicht auf Hochwiesler und im Hintergrund die Lechtaler Alpen

In der fünften Seillänge steigt nach einem erneuten Wechsel (wir klettern überschlagend) wieder Thomas vor und ich folge durch eine wunderbare Verschneidung nach oben. Hier ist Spreiztechnik nötig und am Stand angekommen müssen wir uns gut organisieren, denn hier ist nicht viel Platz vorhanden. Somit hat der Fotograf ein schönes Motiv, wenn er schon am Stand wartet.

In der fünften Seillänge spreizt man sich nach oben (Foto: Thomas Herdieckerhoff)

Die folgenden Seillängen sind spannende und abwechslungsreiche Kletterei, wobei wir in der sechsten Seillänge die linke, etwas leichtere Variante wählen. Rechts könnte man hier auf einer schönen Platte (V-) ausweichen, wir halten uns jedoch in der linken Führe (III). Mittlerweile brennt die Mittagssonne in die Südwand hinein und wir schwitzen richtig. Ich kassiere langsam aber sicher einen deftigen Sonnenbrand, das war mir jedoch schon vorher klar, denn schon die beiden Tage zuvor hatte ich wohl nicht sauber gecremt. Für uns die schwerste Stelle folgt dann in der achten Seillänge. Einen abweisenden Kamin geht es ohne viel Absicherung nach oben. Jetzt am scharfen Seileinde kletternd, steige ich vor und sichere hier mit zwei Friends und einer Schlinge unterwegs ab (IV). Diese Zwischensicherung ist fürs Gefühl wichtig, es ist zwar nicht wirklich exponiert, aber durchaus tricky zu klettern. Die letzten zwei Seillängen (III+ und II) folgen dann in logischer Linie zum Gipfel.

Thomas auf den letzten Metern zum Gipfelkreuz des Gimpels

Hinter uns trifft dann nach kurzer Zeit auch die andere Seilschaft ein, die wohl auch nach einem Verhauer zurücksteigen mussten. Ich bin ganz froh, dass ich das Topo auf meinem Handy in der Hosentasche dabei hatte, so sind Thomas und ich wohl meistens auf der angedachten Route geblieben.

Gipfelpanorama am Gipfel, der Blick schweift von Köllenspitze über Ehrwalder Plateau bis in die Lechtaler Alpen

Wir genießen diesen wunderbar sonnigen Nachmittag auf dem Gipfel des Gimpel und unsere Blicke schweifen über die Tannheimer Berge, die Ammergauer Alpen und im Hintergrund über das Zugspitzmassiv. Im Süden eröffnen sich die wilden Lechtaler Alpen, der Arlberg und abgerundet wird das Panorama von den Allgäuer Hochalpen mit dem dominanten Hochvogel.

Sonnig und warm – absolutes Traumwetter zur Eröffnung der Klettersaison

Wir philosophieren über weitere Touren und versuchen, alle Gipfel zu benennen. Der Himmel ist klar und keine Wolke trübt die Sicht. Oberhalb von 2000 Meter halten sich noch Altschneefelder, welche sicher das Resultat des kalten Frühjahrs sind. Nach einer ausgiebigen Pause mit einer ordentlichen Brotzeit räumen wir unser Kletter-Equipment zusammen und machen uns bereit für den Abstieg. Wir steigen am Grat zurück in eine Scharte, von der der Normalweg in Richtung Gimpelkar hinunter führt. Der Abstieg ist mit einigen Ier-Stellen gespickt, sodass man auch im Abstieg den Kopf nicht ganz ausschalten darf. Unproblematisch kommen wir hinunter auf den Weg und nachdem ich mein Brillenetui wieder abgeholt habe, welches am Einstieg liegen geblieben war, machen wir uns auf den Weg in Richtung Gimpelhaus. Eine weitere Brotzeit später geht es schon auf dem Hüttenweg weiter ins Tal zurück zu unseren Autos. Glücklich und beschwingt ob der erfolgreichen Tour machen wir uns auf den Heimweg.


Facts zur Tour

  • Mühen: An sonnigen Wochenenden viel Betrieb, dann größere Wartezeiten
  • Freuden: Recht fester Fels, überschaubarer Zustieg und tolle Absicherung
  • Risiken: Bei vielen Seilschaften erhöhte Steinschlaggefahr
  • Aufstieg: 800hm Zustieg / ca. 2:00h, 200hm Kletterei / ca. 3:00h
  • Abstieg: 1000hm / ca. 1:30h
  • Exposition: Süd
  • Schwierigkeit: Kletterei bis IV+ UIAA
  • Charakter der Tour: Alpine Mehrseillängenkletterei
  • Equipment: Kletterausrüstung, 50m-Doppelseil, Friends / Keile
  • Beste Jahreszeit: Juni-Oktober

Fazit

Die „Alte Südwand“ am Gimpel ist eine mittelschwere Kletterroute. Die reinen Kletterschwierigkeiten halten sich mit maximal IV+ in Grenzen, aber die zehn Seillängen erfordern längere Konzentration und Ausdauer. Sehr angenehm ist die gute Absicherung der Stände und der bequeme Zustieg. Wie üblich in den Tannheimern sind die heiklen Stellen mit Bohrhaken abgesichert. Eine schöne Klettertour, welche durch die südseitige Exposition eine lange Saison hat.

Ein Gedanke zu „GIMPEL (2173m)“

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