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HALBE BREITHORN-TRAVERSE 3×4000

Wunderschöne Tagestour mit gleich drei Viertausendern entlang einer traumhaften Gratlinie.

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Ganze fünf offizielle Viertausender laut UIAA krönen das breite Haupt des gleichnamigen Bergs oberhalb von Zermatt. Unter allen Breithörnern der Alpen verdient dieses sicherlich am meisten diesen Titel und ist aufgrund der leichten Erreichbarkeit der beliebteste der einfachen Viertausender. Mit ein wenig Kleingeld und einem halben Tag Zeitaufwand kann man technisch völlig einfach den Hauptgipfel (Westgipfel) des Breithorns erreichen, denn von der Station Klein Matterhorn sind es lediglich 300 Höhenmeter in unschwierigem Gelände bis zum Gipfel.

Vom etwas unschönen Skigebiet-Sommer-Feeling geht es direkt hinauf aufs Breithornplateau

Bereits zwei Jahre zuvor hatten Jana und ich den Hauptgipfel und den Mittelgipfel auf dem Weg zum Rifugio Guide Val d’Ayas als Auftakt in unsere mehrtägige Spaghetti-Tour bestiegen und so fehlten in dieser Gegend noch drei der fünf Breithorn-Gipfel. Dies und die Tatsache, dass wir uns bei nur einer Woche Zeit in den Walliser Alpen zügig akklimatisieren wollten, lies die Wahl auf diese schöne Tour fallen, welche an einem Tag mit Seilbahnunterstützung vom Tal aus machbar ist.

Am Breithornplateau, links der Hauptgipfel

Viele Aspiranten wählen statt dieser Tour die halbe Überschreitung ab der Selle (Punkt zwischen Westlichem Breithornzwilling und Mittelgipfel) bis zum Hauptgipfel, jedoch ist der „hintere“ Teil der Traverse mindestens genau so interessant und abwechslungsreich. Sehr sportliche Bergsteiger schaffen auch die gesamte Traverse mit der ersten Bahn, da müssen aber Akklimatisierung und vor allem Verkehrsaufkommen passen, denn an den Abseil- und Kletterstellen staut es sich an schönen Tagen im Hochsommer gerne schnell.

Die heutige Tour im Blick: rechts Roccia Nera, in der Mitte der Gendarm und links der Westliche Breithornzwilling

Ein Montag erscheint uns als günstiger Tag für diese Modetour und außerdem meldet der Wetterbericht während einer sonst wechselhaften Woche an diesem Tag viel Sonne und wenig Gewitterrisiko. Nach der spektakulären Bergfahrt mit der Seilbahn aufs Klein Matterhorn treten wir um 7:45 Uhr in der dünnen Luft auf knapp 4000 Metern ins Freie. Am tiefsten Punkt queren wir den Schlepplift und legen Steigeisen und Seil für die folgende Traversierung des Gletscherplateaus am Verra-Gletscher an. Kurz nach 8 Uhr geht es dann los und wir nutzen den sonnigen Morgen für einige Foto-Sessions.

Morgenstimmung in der Mischabelgruppe und im Berner Oberland (hinten)
Start auf dem Breithornplateau

Mir ist die Route noch gut im Gedächtnis und schon bald entscheiden wir uns für die obere der beiden Varianten, welche direkt in Richtung Roccia Nera führt, noch oberhalb des Bivacco Rossi e Volante vorbei. Mitte Juli ist die Situation am Gletscher in diesem Jahr hervorragend und außer ein paar sumpfigen Löchern, kommen wir in einer guten Spur schnell voran. Trotz fehlender Akklimatisierung marschieren wir zügig zum ersten Ziel des Tages und erreichen den Fuß der Roccia Nera gegen 9:20 Uhr.

Gut erkennbar: die Verhältnisse auf der oberen Route sind in diesem Sommer optimal
Links: Liskamm, mittig: Pollux, rechts: Castor
Perfekte Verhältnisse in der Flanke zur Roccia Nera

Die Flanke ist in einem optimalen Zustand, denn zu diesem Zeitpunkt schimmert es noch kaum bläulich durch und so kommen wir in bestem Firn ohne größere Blankeisstellen höher. Die Höhe macht sich durchaus bemerkbar, denn unakklimatisiert so schnell auf 4000 Meter zu fahren, ist sicher nicht die Lehrmethode. Da wir keinen Zeitdruck haben, machen wir dafür die ein oder andere Pause und genießen die Aussicht. Kurz nach 10 Uhr erreichen wir dann den Gipfel der Roccia Nera (4074 m), ein weiterer Viertausender für unsere bewährte Seilschaft. Die Aussicht in Richtung Monte Rosa Massiv und zu Castor, Pollux und Liskamm ist wie immer spektakulär und auch in die andere Richtung öffnet sich der Blick über Matterhorn, Grand Combin bis zum Mont Blanc.

In heißen Sommern kommt hier das Blankeis durch und kann die Tour deutlich erschweren
Pollux (im Vordergrund) und der mächtige Castor im Hintergrund
Zumsteinspitze, Signalkuppe und Liskamm West und Ost
Am Gipfel der Roccia Nera (4074 m)
Der Weiterweg in Richtung Gendarm und Westlicher Breithornzwilling ist zunächst unschwierig

Wir machen einige Fotos und Videos, bevor wir dann dem Firngrat in Richtung Gendarm, dem östlichen der beiden Breithornzwillinge, folgen. Zunächst geht es im mäßig steilen Gelände in guter Spur im Firn dahin – einige Höcker überwandernd. Kurz vor Erreichen des Gipfelaufbaus des Gendarms erfolgt dann der Wechsel in den Fels. Im einfachen Gelände geht es unschschwierig ein paar Meter kraxelnd hinauf zum Gipfel des Gendarms (4106 m). Der zweite – laut UIAA offizielle – Viertausender des Tages ist nach nur 20 Min ab der Roccia Nera erreicht.

Blick auf Gendarm und Westlichen Breithornzwilling
Das Monte Rosa Massiv mit Weissgrat (links), Nordend, Dufourspitze, Zumsteinspitze, Signalkuppe und im Vordergrund der Liskamm
Am Gipfel des Gendarms (4106 m)
Der weitere Weg: bis zur ersten Abseilstelle geht es einige Meter exponiert am Grat entlang, im Hintergrund dann der Aufstieg zum Westlichen Breithornzwilling
Exponierter Abstieg vom Gipfel des Gendarms zur ersten Abseilstelle

Vom Gipfel erfolgt eine etwas steilere Passage im Firn, dank guter Tritte können wir diese aber problemlos überwinden. Je nach Verhältnissen kann dieses Gelände etwas unangenehm sein. Nur wenige Minuten nach Verlassen des Gipfels erreichen wir so die erste Abseilstelle (links unter einem Felsen). Es folgt eine erste Abseillänge in Richtung Norden entlang eines Firnbands, unter einem Felsblock queren wir dann wieder in Richtung Süden zu einem Fixseil, das zum zweiten Abseilstand führt. Ausgesetzt und luftig richten wir uns am zweiten Abseilstand für die zweite Abseilfahrt ein, welche, eine senkrechte Wand überwindend, direkt auf den Firngrat führt.

Die erste Abseilstelle, in Blickrichtung nach rechts und dem Firnband unter die Felsen folgend, findet man den zweiten Stand
Die zweite Abseillänge überwindet eine senkrechte Wand
Rückblick zum markanten Gipfelfelsen des Gendarms

Dort angekommen, wandern wir wieder gemütlich in guter Spur dem spektakulär anmutenden Aufschwung des Westlichen Breithornzwillings zu. Auch hier profitieren wir wieder von der guten Firnlage und kommen ohne Blankeispassage auf eine kleine Felskanzel, von der wir einen spektakulären Blick in Richtung Zermatt genießen. Hier legen wir das Seil an, denn zwei „Tische“ müssen etwas ausgesetzt überwunden werden. Die Technik wird unorthodox, denn ich robbe mich unelegant auf dem Bauch auf den ersten Tisch, gute Tritte sind Mangelware und mit Steigeisen vermeide ich es, allzu exponiert über dem Abgrund auf kleinen Tritten anzustehen. Anschließend folgt kombiniertes Gelände und ein letzter ausgesetzter Aufschwung, der aber mit guten Griffen aufwartet.

Am Gipfel des Westlichen Breithornzwillings

Zurück im Firn, geht es unschwierig dem letzten Gipfelaufbau zu, welcher über ein paar Felsen leicht erreichbar ist. Auch vom Westlichen Breithornzwilling (4138 m) ist die Aussicht spektakulär und wir genießen ein paar Minuten das Panorama. Der Wind hat inzwischen deutlich zugelegt und wird in den ausgesetzten Kammlagen schon fast zu sturmartige Böen. Wir seilen wieder zwei Mal ab, bevor wir dann flacheres Gelände erreichen, von wo aus wir bequem zur Selle hinausqueren. Der Abstieg auf den Gletscher und somit auf die Aufstiegsroute ist unproblematisch, da auch der Bergschrund kein größeres Problem darstellt. Die gute Schneelage (dank des schneereichen Frühjahrs) kommt den Verhältnissen auf allen Touren zu dieser Zeit des Jahres zu Gute.

Weitere zwei Abseiler warten nach dem Gipfel des Westlichen Breithornzwillings
Zurück am Breithornplateau, Rückblick auf die halbe Traverse

Der Weg zurück zum Klein Matterhorn ist dann in erster Linie mühsam. Die Höhe macht sich deutlich bemerkbar und wir versuchen den sumpfigen Stellen auszuweichen, um nicht permanent einzubrechen. So brauchen wir nochmal eine knappe Stunde von der Selle zurück zur Bahnstation, welche wir zuletzt im stürmischen Westwind nur mit viel Entgegenstemmen gegen die Böen erreichen. Zurück im Touristen-Wahnsinn, versuchen wir die langen Schlangen aus Menschen am Trockenen Steg zu ignorieren und freuen uns stattdessen auf unser Abendessen am Camping in Randa.

Sommerliche Hitze in Zermatt: schnell entledigen wir uns der Funktionskleidung

Facts zur Tour

  • Mühen: Direkte Sonneneinstrahlung ab Beginn, falls man die Variante per Bahn wählt
  • Freuden: Tolle, abwechslungsreiche Tour mit Panorama in alle Richtungen
  • Risiken: Durchaus Spalten im Verra-Gletscher
  • Aufstieg: 600 hm / ca. 4:00 h (ab der Station Kleinmatterhorn)
  • Abstieg: 600 hm / ca. 3:00 h (bis zur Station Kleinmatterhorn)
  • Exposition: Süd
  • Schwierigkeit: ZS- / II+
  • Charakter der Tour: Kombinierte Hochtour mit kurzen Kletterstellen
  • Equipment: Gletscherausrüstung, 40m Seil (alternativ 30+30), für Abseilstellen min. 40m nötig
  • Beste Jahreszeit: Juli-September

Fazit

Die hier beschriebene halbe Breithorntraverse kann gut an einem Tag vom Klein Matterhorn bewältigt werden. Wer sich etwas mehr Zeit nehmen mag, kann natürlich auch im Bivacco Rossi e Volante oder auf dem Rifugio Guide de Val d’Ayas nächtigen. Dann ist auch ein früher Aufbruch und die gesamte Traverse möglich. Ambitionierte Alpinisten schaffen diese jedoch auch an einem Tag mit der Bahn. Die alpinistischen Schwierigkeiten halten sich auf dieser Tour in Grenzen, dafür wird man nach dem kurzen Schock am Billet-Schalter mit grandiosem Panorama und einer sehr abwechslungsreichen – nicht zu langen – Tour belohnt.


Links

Strava-Aktivität: https://www.strava.com/activities/9468188312

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