Vierter Tag der Hoch Tirol mit zwei schönen Gipfel, tollen Abfahrten und schöner Aussicht.
Früh morgens fahren Toni, Thomas und ich vom Matreier Tauernhaus hinauf zum Felbertauerntunnel-Südportal. Bei höherer Schneelage könnte man die vierte Etappe der Hoch Tirol sicher auch direkt am Matreier Tauernhaus starten, doch die ersten 100 hm sparen wir aufgrund des Schneemangels so aus. Erfahrungsgemäß ist der vierte Tag bei einer Mehrtagestour immer der anstrengendste und so stellen wir uns auf eine große Anstrengung ein, als wir um 7:15 Uhr die Ski anschnallen. Das Highlight sind die frischen Klamotten, denn Thomas und ich hatten auf der Anreise nach Osttirol im Matreier Tauernhaus eine kleine Tasche mit Wechselkleidung deponiert, deren Inhalt jetzt zum Einsatz kommt.


Zunächst steigen wir kurz durch den Wald auf, als sich schon bald das Gelände zurücklegt und den Blick in ein wunderschönes Tal frei gibt. Im morgendlichen Schatten kommen wir gut voran und so verlieren wir wenig Zeit im Anstieg in Richtung Dabersee. Dort angekommen, haben wir bereits 800 Höhenmeter hinter uns und die Stimmung passt zur Wetterlage: wolkenlos und gut!





Wir steigen weiter entlang des Sees an und können schon den Gipfelaufbau der Amertaler Höhe erkennen, unter dem die letzten Reste des Daberkees liegen. Oberhalb des Dabersees kommt eine steile Querung, die unseren Fußgelenken und Knien alles abverlangt, um nicht in Richtung Talboden abzurutschen. Inzwischen gehen wir in der Sonne und die Temperaturen sind deutlich höher, als noch zu Beginn der Woche. Folglich können sogar die Handschuhe ausgezogen werden, als wir in ein paar Spitzkehren der Amertaler Höhe zusteigen.


Der Gipfel ist ungeschmückt, dafür aber bequem per Ski erreichbar und bereits kurz vor 11 Uhr sitzen wir in der Sonne am Gipfel und genießen das Panorama. Die Landesgrenze zu Salzburg berühren wir zwar, überschreiten sie aber noch nicht, denn vorher wartet noch eine tolle Abfahrt auf uns.

Während Thomas und ich einige Fotos machen, kundschaftet Toni die Gegend ein bisschen aus und kommt kurze Zeit später zum Gipfel zurück – mit der Erkenntnis, dass in Richtung der Amertaler Scharte eine tolle Abfahrtsvariante wartet. Wir klettern vom Gipfel also ein Stück über die Felsen, bevor wir vorsichtig mit Ski am Rucksack rückwärts und am Seil gesichert über eisüberzogene Felsen in Richtung der Scharte abklettern.


Wir schnallen im steilen Gelände die Ski an und was dann beginnt, ist definitiv die beste Abfahrt der Hoch Tirol, welche wir erleben durften. Im großen Linksbogen schwingen wir durch traumhaften Pulver hinunter zum Schandlasee. Diese Abfahrt wird uns im Gedächtnis bleiben! Im windgeschützten Tal hat sich der Schnee sehr gut gehalten und so sind wir sehr euphorisch, als wir kurz vor dem See die Felle wieder aufziehen.

Kurz nach 12 Uhr beginnen wir unseren Anstieg in Richtung Granatscharte (2945 m), wobei trotz westseitiger Exposition die Sonne schon sehr stark auf uns herunterbrennt. Folglich brauchen wir knapp anderthalb Stunden, bis wir bei erfrischendem Wind in der Granatscharte stehen und erstmals in Richtung Weißsee-Gletscherwelt hinunter blicken.

Dieses Gebiet ist mir bestens bekannt, war ich doch zwei Mal mit meiner Mama im Frühjahr auf Skihochtour in diesem Gebiet unterwegs. Wir entscheiden uns rechter Hand für die Granatspitze (3086 m), wobei der Stubacher Sonnblick (3088 m) ebenfalls möglich wäre. Wir queren nordseitig unter dem Gipfelaufbau bis zum Skidepot und wechseln auf Steigeisen und Pickel. Rund 80 Höhenmeter sind zu Fuß zu bewältigen, wobei wir problemlos vorankommen in bester Spur im nicht allzu ausgesetzten Gelände am Grat.

14:20 Uhr zeigt die Uhr, als wir auf dem Gipfel die 2000 hm im Aufstieg schon geknackt haben. Das Panorama ist an einem weiteren wolkenlosen Tag einfach bombastisch und wir können schon gut den Routenverlauf für unsere Variante am nächsten Tag ausmachen, die aus der „Hoch Tirol“ dann endgültig die „Hoch Tirol Plus“ macht. Doch dazu mehr im nächsten Artikel. 15 Jahre vorher war der jugendliche Skitourengeher Ueli auch bereits auf diesem Gipfel, geführt von der Mama.


Stark bevölkert ist der Gipfel an diesem Tag, denn von der Rudolfshütte (die eher ein Hotel ist), ist der Zustieg mit 800 hm nicht allzu weit. Wir verschnaufen kurz und machen uns dann an den Abstieg. Zunächst zu Fuß, ab dem Skidepot dann mit Ski, fahren wir in Richtung Weißsee ab. Unverspurte Hänge sucht man hier natürlich vergebens, doch wir finden auch hier einige schöne Varianten und genießen die verdiente Abfahrt.
Der „Hüttenlift“ ist freundlicherweise an diesem Tag für Tourengeher kostenlos und so fahren wir die letzten 80 Höhenmeter bequem im Schlepplift aufwärts, ohne erneut anzufellen. Kurz vor 15:30 Uhr erreichen wir die Hüttenterrasse und lassen uns die verdiente Stärkung dort schmecken.

Nobel geht die Welt zu Grunde, denn im Berghotel Rudolfshütte kommt Thomas sogar in den Genuss eines Hallenbads und ich in den eines Mittagsschlafs. Etwas skurril ist dann der Abend, denn an diesem Abend ist für die Gäste der Rudolfshütte (mehrheitlich Pistenfahrer) wohl „Party-Abend“ angesagt. Mit wenig Wechselkleidung und auch sonst eher spärlich ausgestattet, verfolgen wir das freudige Treiben aus der Ecke und trinken viel alkoholfreies Bier, um am nächsten Tag für die Königsetappe gut gestärkt zu sein.
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Fazit
Auf der vierten Etappe der Hoch Tirol halten sich die alpinistischen Herausforderungen in Grenzen, dafür ist diese mit 2000 Höhenmetern im Aufstieg eher konditionell fordernd. Die Abfahrt von der Amertaler Höhe ist ein Genuss und bei guter Schneelage sicher eine der besten auf der Hoch Tirol. Sollte man ein paar Höhenmeter sparen wollen, oder ist das Wetter schlecht, dann kann man von der Granatscharte auch direkt zur Rudolfshütte abfahren.