Das Finale der Hoch Tirol auf dem höchsten Berg Österreichs.
Das große Finale der Hoch Tirol (Plus) steht an. Trotz der eher kürzeren Etappe mit nur etwas über 1000 hm starten Thomas, Toni und ich sehr früh und stehen schon vor 6 Uhr auf den Ski vor der Stüdlhütte. Die über die Woche hinweg langsam gestiegenen Temperaturen machen sich bemerkbar und so gilt es, früh unterwegs zu sein, um sicher auf Tour zu sein und nicht zuletzt natürlich, um den perfekten Firn zu erwischen. Ein klein wenig merken wir die 9000 Höhenmeter aus den Tagen zuvor, sind aber auch am sechsten Tag der Hoch Tirol hochmotiviert, zügig das Tagesziel zu erreichen und damit die größte Skidurchquerung der Ostalpen erfolgreich zu vollenden.
Schnell sind wir oben am Ködnitzkees und genießen einen wunderschönen Morgen mit Panorama und leichtem Nebel in den Tälern. Wir gehen zügig über den Gletscher taleinwärts und zuletzt etwas steiler im Linksbogen hinauf in Richtung Mürztaler Steig. Es ist erst 7:45 Uhr als wir am Beginn des Klettersteigs die Ski auf die Rucksäcke binden und mit Steigeisen die 150 Höhenmeter in Richtung Adlersruhe hinauf kraxeln.
Toni ist nicht nur Bergführer, sondern auch Hüttenwirt der Erzherzog-Johann-Hütte, der höchsten bewirtschafteten Schutzhütte Österreichs auf 3451 m. Wir erreichen die Hüttenterrasse um 8:15 Uhr und genießen das umwerfende Panorama in Richtung Süden. Toni schaut schnell nach dem Rechten in seiner Hütte und kommt kurze Zeit später mit einem „Gruß aus der Küche“ zurück. Frisch gestärkt, machen wir uns wieder auf Ski auf den Weg in Richtung „Bahnhof“.
Direkt vor uns ist keine Seilschaft und wir erkennen die Chance, dass wir mit etwas Tempo den Gipfelaufstieg vom Bahnhof über den Kleinglockner bis zum Gipfel für uns haben könnten. Eine seltene Gelegenheit, die wir gerne annehmen.
Schnell geht es weiter zum Skidepot unterhalb des Glocknerleitls, denn wir hoffen, dass wir später mit den Ski über die Südflanke abfahren können. Ab hier klettern wir mit Steigeisen über das Glocknerleitl aufwärts. Die Bedingungen sind trotz eher wenig Schnee recht gut und wir kommen schnell voran. Ein paar gute Bilder können außerdem gemacht werden und so sind wir kurz vor 10 Uhr am Gipfel des Kleinglockners.
Wir warten kurz eine Partie ab, die vom Gipfel zurückkehrt und klettern dann hinüber zum Gipfelaufbau. Eine kurze Schlüsselstelle im III. Grad muss geklettert werden und schon kurze Zeit später machen wir die letzten Schritte bis auf den Gipfel des Großglockners (3798 m).
Was für ein Gefühl! Nach sechs Tagen Skidurchquerung stehen wir am höchsten Gipfel Österreichs und blicken auf eine Woche der absoluten Extraklasse zurück. Durchweg Lawinenwarnstufe 1 und Sonne pur ohne ein Wölkchen am Himmel sind sicherlich die absolute Ausnahme für eine Tour, die fast ein halbes Jahr vorher geplant wurde.
Das Panorama in alle Richtungen ist atemberaubend. Wir blicken zurück und sehen am Horizont die markante, weiße Pyramide des Großvenedigers. Dahinter machen wir die Konturen vom Großen Geiger und den Malhamspitzen aus. Beeindruckend, welche Strecke wir rein auf Ski innert einer Woche zurückgelegt haben!
Die Temperaturen sind auch auf fast 4000 Metern angenehm und wir bleiben noch ein paar Minuten am Gipfel, bevor wir schweren Herzens den Rückweg antreten. Über die Glocknerscharte, den Kleinglockner und einer gut versicherten Route (Eisenstangen), geht es zurück zum Glocknerleitl. Auch im Abstieg ist die Passage an diesem Tag kein Problem, denn der Schnee hat die perfekte Konsistenz (Trittfirn).
Wir erreichen das Skidepot und Toni führt uns ortskundig durch ein paar Felsen hindurch in die Südflanke. Wir klettern im steilen Firn ein paar Meter bis zur Mitte, wo wir dank Steigeisen auch noch gut stehen können. Nochmal ein paar Momente das gewaltige Panorama genossen und schon tauschen wir die Steigeisen gegen die Ski.
Los geht es hinunter in Richtung Ködnitzkees und die südseitig ausgerichtete Flanke fängt gerade an, aufzufirnen. Im steilen, aber sehr gut zu fahrenden Skigelände, schwingen wir in Richtung Gletscher hinunter – was für ein Genuss!
Unten „wickelt“ es mich dann auch noch einmal, als eine Windgangel sich doch noch als gefroren herausstellt – damit wären wir alle drei mit jeweils einem Sturz auf der Tour gleichauf. Wir fahren das schöne Skigelände über Ködnitzkees und weiter unterhalb der Stüdlhütte in Richtung Lucknerhütte hinunter. Erschreckend niedrig ist die Schneelage – viele Tage würde es hier nicht mehr mit Ski gehen – und das Mitte März!
Trotz der eher frühlingshaften Szenerie geht es perfekt mit Ski bis hinunter zum Lucknerhaus, wo wir vor der Tür abschwingen und damit die Hoch Tirol auf Ski beenden!
Es ist vollbracht – sechs Tage auf Ski, rund 10.000 Höhenmeter im Aufstieg und um die 100 km Strecke haben wir zurückgelegt. Wir sind überglücklich, dass wir ohne Zwischenfall oder Verletzung durchgekommen sind und genießen ein tolles Mittagessen im Lucknerhaus als Abschluss unserer Tour. Tonis Frau holt uns freundlicherweise am Lucknerhaus ab und fährt uns zurück zum Auto beim Taurerwirt bei Kals.
Thomas fährt an diesem Tag weiter an den Königssee und ich trete per Zug die Heimreise an. Wir sind erschöpft, aber glücklich und zufrieden, diese hochalpine und landschaftlich grandiose Skidurchquerung erfolgreich gemeistert zu haben. Mit der Variante „Hoch Tirol Plus“ ist uns außerdem eine etwas alpinere Variante der Hoch Tirol geglückt und so konnten wir in der Nachberichterstattung dem ein oder anderen interessierten Alpinisten eine Variante beschreiben, die nicht nur mehr Gipfel und Höhenmeter bereit hält, sondern sich tatsächlich auch mit Öffentlichen Verkehrsmitteln gut absolvieren lässt.
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Fazit
Der letzte Tag der Hoch Tirol ist das große Finale der Tour auf den Großglockner. Wer die Tage zuvor gut verkraftet hat, kann die letzten Meter auf den Gipfel des Großglockners in vollen Zügen genießen. Bei gutem Wetter und guten Verhältnissen ist die Kletterei nicht besonders schwierig, zu Weilen jedoch ein bisschen ausgesetzt. Ab dem Glocknerleitl bis auf den Gipfel sind ca. alle 20 m Sicherungsstangen, welche das effiziente Sichern am laufenden Seil zulassen. Die Südflanke am Großglockner sollte mit Ski nur bei sehr sicheren Verhältnissen befahren werden.
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