Die Königsetappe der Hoch Tirol Plus mit spektakulärem Finale.
Früh morgens brechen Toni, Thomas und ich vom Berghotel Rudolfshütte auf. Um 6 Uhr morgens sind wir die ersten Gäste beim Frühstücksbuffet und ziehen so einige überraschte Blicke des Personals auf uns. Dass wir einen großen Tag vor uns haben würden, das wissen wir bereits. Um kurz vor 7 Uhr stehen wir bereits auf Ski für eine kurze und kalte Abfahrt von der Rudolfshütte hinunter zum Weißsee.

Wir fellen neben der Talstation des Sessellifts Medelzkopf an und steigen die Piste auf. Kurz vor der Bergstation wenden wir uns nach links und queren steil unter dem Medelzkopf hinaus in Richtung Ödenwinkelkees, welches noch weit unter uns liegt. Es hat gut gefroren in der Nacht und so sind die ostseitig exponierten Hänge (die glücklicherweise noch nicht lange Sonne haben) noch hart. Eine besonders steile Querung müssen wir dann noch mit den Ski in der Hand stapfen, denn selbst mit Harscheisen wäre es hier zu steil.




Die ersten Sonnenstrahlen wärmen unsere Gesichter und so heißt es bereits um 8:30 Uhr das erste Mal: Abfahrt! Wir schwingen in Richtung Gletscherboden ab und halten uns dann soweit rechts wie möglich, um ein paar Meter im Aufstieg zu sparen. Kurz vor dem Talboden fellen wir wieder an und steigen geradewegs auf einen markanten Gletscherbruch zu. Von diesem führen schöne Abfahrtsspuren herunter und so hoffen wir, dass wir zwischenzeitlich in Richtung Oberer Ödenwinkelscharte eine Aufstiegsspur haben würden.

Am Gletscherbruch holt Toni dann das Seil heraus, denn die Spalten sind hier doch unangenehm groß. Wieder im Schatten, geht es hinüber in Richtung „Hoher Sand“ (2605 m), von wo aus wir uns in Richtung Gamskopf wenden. Wieder in der Sonne, fällt uns der Aufstieg nicht schwer und nach ein paar langen Kehren wechseln wir um 11:30 Uhr kurz unter der Scharte auf Steigeisen. Mit den Ski am Rucksack geht es die letzten Meter hinauf, zuletzt durch eine kleine Wechte, zur Oberen Ödenwinkelscharte (3228 m).




Der Blick öffnet sich in Richtung Glocknergruppe und wir erblicken unser letztes Gipfelziel der Tour von der wilden Nordseite – den Großglockner. Wieder im stark windverfrachteten Schnee fahren wir über den Gletscher auf den Pasterzenboden hinunter. Da wir hier lange Zeit in Schrägfahrt längs der Spalten sind, fahren wir auch erstmalig gemeinsam zu dritt am Seil ab. Eine skifahrerische Herausforderung, zumal ich als Seilmittlerer die Bewegungen von Toni und Thomas ein bisschen ausgleichen muss. Ohne größere Schwierigkeiten und ohne Sturz verlassen wir die Gefahrenzone und fahren folgend ohne Seil unter dem Johannisberg herum bis zum tiefsten Punkt, den wir gegen 12:30 Uhr erreichen.



Wieder am Seil und wieder mit Fellen, geht es nach einer recht kurzen Mittagspause (in Form von etwas Müsliriegel) durch eine wilde Spaltenzone zuletzt recht steil hinauf auf die Schneewinkelscharte (3412 m). Bis hierhin waren es schon über 1600 hm im Aufstieg und wir pausieren nur kurz. Glücklicherweise ist es fast windstill und die Temperaturen liegen im angenehmen Bereich, sodass wir kurzzeitig die Handschuhe sogar ausziehen können. Wir montieren die Ski wieder auf die Rucksäcke und mit Steigeisen und Pickel geht es um 14:30 Uhr los mit der Kletterei in Richtung der beiden Romariswandköpfe.



Die Kletterei ist zunächst abwechslungsreich und spaßig, wir gehen immer am laufenden Seil und nur passagenweise sichert Toni uns schnell nach. Spektakulär sind die Ausblicke in Richtung Süden, doch auch nach Norden ist das Panorama genial.





Die Ausgesetztheit nimmt zu und bald schon geht es auf beiden Seiten 500 m nahezu senkrecht hinunter. Gelegentliche Passagen im III. Schwierigkeitsgrad werden nur von einer Schlüsselstelle übertroffen, die sicher im unteren IV. Grad ist, welcher mit Ski am Rücken und einem Rucksack für eine sechstägige Skidurchquerung gar nicht mal so ohne zu klettern ist. Aufgrund der Wärme kann ich die Handschuhe kurz ausziehen und ziehe mich über die etwas ausgesetzte Platte rauf.

Nach dem ersten Romariswandkopf steigen wir kurz in eine Scharte ab, hier helfen glücklicherweise Sicherungsstangen beim gesicherten Vorankommen. Der Aufschwung auf den zweiten Romariswandkopf ist etwas leichter und um Punkt 16 Uhr recken wir unsere Pickel auf dem höchsten Punkt in die Luft. Geschafft! Zügig die Ski vom Rucksack geholt und an die Füße geschnallt und schon befinden wir uns auf der Abfahrt in Richtung „Schere“.




Über das Fruschnitzkees und anschließend über das Teischnitzkees erreichen wir schnell die „Schere“, wo wir den Gletscher verlassen. Um 16:45 Uhr schwingen wir vor der Terrasse der Stüdlhütte ab, wo bereits die erfrischenden Getränke auf uns warten. Wir genießen einen tollen Hüttenabend auf der berühmten Hütte am Großglockner und bereiten uns gedanklich auf das große Finale der Hoch Tirol am kommenden Tag vor.
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Fazit
Die fünfte Etappe der Hoch Tirol Plus ist eine Variante, welche bei sehr sicheren Verhältnissen machbar ist. Ist das Wetter schlecht oder die Lawinensituation unsicher, so ist die Abfahrt über das Dorfertal bis zum Taurerwirt zu empfehlen mit Transfer zum Lucknerhaus. Geht man die logische und alpinistisch herausfordernde Linie, so wartet unbeschreiblich alpines Flair, Abgeschiedenheit und die Herausforderung mit Kletterei im unteren IV. Grad auf den ambitionierten Skibergsteiger. Die Abfahrt zur Stüdlhütte ist dann die Belohnung für eine lange Tour, die nur mit ausreichend Erfahrung und dem Wissen über die Bedingungen zu empfehlen ist.