Kombinierte Hochtour über den Normalweg auf einen einfachen Viertausender.
Nach einer erholsamen Nacht auf dem Furkapass treffen Jana und ich an einem sonnigen Dienstag Mitte August im Wallis ein. Bereits durch Bergtouren im Kaunertal ein bisschen an Höhe gewöhnt, trauen wir uns gleich einen Viertausender als Tagestour zu. Immerhin drei Nächte über 2000 Meter stehen zu Buche und so dürfte die Höhe einigermaßen verträglich sein. Nicht ganz by fair means nehmen wir am Morgen die erste Gondel von Saas-Grund zum Kreuzboden (2398m). Natürlich besteht auch die Möglichkeit, direkt auf Hohsaas (3101m) zu starten, aber das entspräche nicht ganz unserem Anspruch. Ein paar Höhenmeter sollen es dann schon sein. Wer es ganz sportlich möchte, der beginnt die Tour gleich ganz im Tal, dann sind aber 2500hm fällig.

Mit leichtem Rucksack steigen wir sehr zügig in nur 28 Minuten zur Weissmieshütte auf. Ein Schluck aus der Flasche, diese dann am Bach nochmal aufgefüllt, geht es ebenso schnell weiter bis auf 3100m, wo man den Lagginhorngletscher betritt. Doch was passiert jetzt? Entgegen des Meteos zieht auf einmal eine schwarze Wolke auf und nässt uns ein. Aus welchem fremden Land kam die denn? Solche Regenwolken im Hochsommer sind doch ein eher untypischer Gast im Wallis. Mit kurzer Trinkpause warten wir die Wolke an einem Felsen ab und schon gleich bessert sich das Wetter (9:30 Uhr). Nach kurzer Lagebeurteilung entscheiden wir: keine Steigeisen. Lediglich Sitzgurt und das von Jana liebevoll „Geraffel“ getaufte Equipment kommt an die Hüfte. Und auch die 30m RAD Line, die ich für den Notfall im Rucksack habe, bleibt vorerst genau dort.

Das traurige Restchen des Lagginhorngletschers ist nicht mehr als ein Schneefeld. Was der Klimawandel alles anrichten kann, sieht man wie immer eindrücklich hier im Hochgebirge. Durch diesen Umstand ist das Lagginhorn inzwischen aber durchaus auch solo machbar, man sollte die Verhältnisse aber trotzdem immer gut einschätzen, früher im Jahr dürfte es hier dann doch deutlich mehr Schnee haben.


In guter Spur queren wir das Schneefeld schnell. Wieder in den Felsen beginnt wahre Genusskletterei. Nie schwerer als im II. Grad, aber immer in sehr gutem Fels arbeiten wir uns schnell den Grat nach oben. Immer wieder weicht man ein paar Meter von der Schneide des Westgrats in eine der Flanken aus. Der Grat ist über weite Strecken wenig ausgesetzt und ist durchweg gutes Gehgelände, welches sich mit leichten Kletterstellen abwechselt.

Die RAD Line hat es sich im Rucksack so richtig bequem gemacht – sie wird heute nicht mehr benötigt, dafür klettern wir zu sicher. Weiter oben montieren einige Kletterer Steigeisen, um neben dem Grat im Firn aufzusteigen. Wir entscheiden uns dagegen und klettern die Felsen auf ein paar Wassereisresten zum Gipfel. Wir stehen auf 4010 Metern und klatschen ab auf den ersten Viertausender des Urlaubs!

Seit dem Kreuzboden sind inklusive Pausen etwa vier Stunden vergangen, wir waren also relativ zügig unterwegs. Der starke Wind sorgt dafür, dass wir den Kragen hochklappen, trotzdem ist es glücklicherweise nicht zu kalt. Somit reicht es für eine kleine Gipfelpause und ein paar Fotos und Videos. Wir blicken hinüber auf Weissmies-Nordgrat. Im letzten Jahr haben wir den Weissmies überschritten – ebenfalls eine tolle Tour.

Eine tolle Stimmung mit Wolken auf der Simplon- und Sonne auf der Mischabelseite lässt tolle Bilder entstehen. Nach ein paar Minuten und einem längeren Plausch mit einer deutsch/österreichischen Dreierseilschaft machen wir uns an den Abstieg. Zügig steigen wir (ebenfalls wieder ohne Steigeisen) ab. Auf dem Grat ist es um die Mittagszeit jetzt angenehm warm und so kommen wir gut voran.

Ohne größere technische Schwierigkeiten geht es hinunter bis an einen markanten Steinmann, bei dem wir uns links halten und uns wieder dem Schneefeld zuwenden, welches wir am Morgen gequert haben. Nach kurzem Check des Untergrunds entscheiden wir uns, dass auch jetzt keine Steigeisen nötig sind und so queren wir das Schneefeld.

Nachdem wir uns wieder auf dem Weg befinden, verschwinden noch Sitzgurt und Equipment im Rucksack und so sind wir schon recht zügig zurück im Skigebiet. Um 15:15 Uhr empfängt uns die Weissmieshütte mit Kuchen und Kaffee. Auf dem Anstieg hatten die verlockenden Schilder schon für eine Einkehr geworben. Jetzt genießen wir die sommerliche Sonne und die kulinarischen Vorzüge des Wallis und nach einem Nachmittagssnack machen wir uns auf den Weg zurück zum Kreuzboden, um knieschonend und dank Saastal-Card kostenlos zu Tale zu schweben.
Facts zur Tour
Fazit
Das Lagginhorn ist einer der leichtesten Viertausender. Die Tour ist von der Hohsaas-Hütte oder der Weissmieshütte möglich und auch vom Tal bieten sich Möglichkeiten, den Gipfel bequem zu erreichen. Wer die kurze Variante möchte, der fährt bis auf über 3000m hinauf und startet bei Hohsaas, wer etwas mehr sportlichen Anspruch möchte, der startet am Kreuzboden oder gar im Dorf in Saas-Grund. Der Lagginhorngletscher birgt kaum objektive Gefahren, viel gefährlicher als Spaltensturz ist hier der Steinschlag vom Lagginhorn, welcher in der tageszeitlichen Erwärmung immer zunimmt. Wer sicher im II. Grad klettert, der wird hier viel Spaß haben.
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