Eher kürzere und spaßige Hochtour auf den mittleren Gipfel des Dreigestirns im Berner Oberland.
Eiger, Mönch und Jungfrau. Das Dreigestirn im Berner Oberland hat uns schon so manche Alpingeschichte geboten. Kaum verwunderlich, dass alle drei Gipfel jedes Jahr viele Bergsteiger nach Grindelwald locken, um auf einer der schwierigen Routen einen der Gipfel zu erreichen. Am berühmtesten, wenn auch am niedrigsten, ist der Eiger mit knapp unter 4000 m. Die „fehlenden Meter zur Prominenz“ macht der Eiger allerdings um Längen durch seine berüchtigte Nordwand wett, die lange Zeit noch eines der letzten „ungelösten Probleme der Alpen“ war.
Neben dem Eiger überragt der Mönch die 4000er-Marke um sieben bis zehn Meter (neueste Messungen ergeben 4110 m – denn die Firnkuppe am Mönch wächst) und bietet zusätzlich zu den schweren Routen „Nollen“ und „Laupperroute“ auch eine nicht ganz so schwere Variante von der Mönchsjochhütte aus. Trotzdem ist diese Route mit „ZS“ bewertet, denn auch hier gibt es die ein oder andere Herausforderung.
Jana und ich beginnen unseren Westalpen-Urlaub in Grindelwald und haben uns bei einem Lauf auf die Schreckhornhütte schon bei den lokalen Bergführern über die Verhältnisse im Gebiet informiert. Wie nicht anders erwartet, sind nahezu alle Touren im Berner Oberland mit Gletscherkontakt nicht mehr oder nur noch recht eingeschränkt durchführbar. Lediglich die Normalroute auf den Mönch erscheint für uns sinnvoll, denn Kletterberge sind in diesem Sommer eine gute Option. So kaufen wir ein Ticket für die Jungfraubahn und fahren mit der Zahnradbahn auf die Kleine Scheidegg. Im Frühjahr hatten wir noch die schnelle Variante per Eiger Express genommen, denn da hatten wir etwas Zeitdruck und mussten noch am gleichen Tag auf die Finsteraarhornhütte. An diesem Montagnachmittag haben wir wenig Stress und so ist auch noch Zeit, am Hotel Bellevue des Alpes ein paar Fotos in Richtung Eigernordwand zu machen. Am Nachmittag fahren wir dann aufs Jungfraujoch, wo uns sommerliche Temperaturen auf fast 3500 m empfangen.
Wir wandern die gewalzte Spur in Richtung Mönchsjochhütte und sind recht erstaunt, dass selbst hier oben einige Spalten herausschauen. Hoffentlich fällt kein Turnschuh-Tourist in eine Spalte. Nach einem halbstündigen Spaziergang erreichen wir die Mönchsjochhütte und haben noch genügend Zeit, unser Lager zu beziehen und nach einem leckeren Abendessen draußen die Abendstimmung mit dem Sonnenuntergang zu genießen. Schreckhorn, Lauteraarhorn und das Wetterhorn präsentieren sich in bestem Abendlicht und auch das Aletschhorn grüßt zu uns herüber.
Am nächsten Morgen stressen wir uns nicht, denn allzu lang schätzen wir die Tour auf den Mönch von hier aus nicht ein. Am Einstieg angekommen, seilen wir an, denn hier gilt es seit 2020 eine etwas schwierigere Kletterstelle (III) zu überwinden. Durch einen Felssturz und den Gletscherrückgang ist hier eine etwas steilere Wandpassage zu überwinden, die allerdings auch bestens mit Bohrhaken und einem Fixseil gesichert ist. Leider stehen wir etwas im Stau und können zwei Zweierseilschaften (oder ist es eine Viererseilschaft?) mit zwei 50m-Halbseilen erst oberhalb überholen.
Nach dem ersten Aufschwung legen wir das Seil wieder ab, denn fortan geht es im Gehgelände aufwärts (phasenweise auch unter Benutzung der Hände). Unterwegs erleben wir einen wunderschönen Sonnenaufgang und schießen ein paar schöne Fotos am Grat.
Zügig kommen wir voran und nach Erreichen eines Regenmessers wird das Gelände steiler und wir klettern auf dem Grat aufwärts. Zwischendurch legen wir das Seil an, als es an ein paar Stellen etwas ausgesetzter wird. Die Kletterei ist über weite Strecken einfach (II) und die Wegfindung meist klar. Phasenweise kann man in Richtung Südflanke ausweichen, das ist aber meist die weniger gute Option als direkt am Grat zu klettern.
Kaum vorstellbar, dass man diese Südflanke (doch recht steil) im Frühjahr auch mit Ski befahren kann und sogar im Aufstieg dort hinauf kommt. Ohne Schnee sieht das Gelände wenig begehbar aus zu dieser Jahreszeit.
Als sich der Südostgrat mit dem Ostgrat vereinigt, wird das Gelände nochmal kurz etwas schwieriger, bevor dann im oberen Teil das Seil wieder verschwinden kann und wir im Gehgelände an eine steile Eisflanke herantreten. Hier dürfte in weniger heißen Sommern die Schneeauflage deutlich höher sein, denn die Sicherungsstangen, welche die Bergführer Grindelwald hier angebracht haben, ragen fast zwei Meter aus dem Eis heraus. Diese nehmen wir auch dankend zu Hilfe, denn das Gelände ist zwar nicht besonders schwer, aber durch die geringe Schneeauflage ist es doch recht eisig und die Absturzgefahr ist durchaus vorhanden. Schnell steige ich die 30m, die unser Seil her gibt, vor und lege unterwegs Zwischensicherungen mit Micro Traxion. Jana steigt nach und so kommen wir recht flott vorwärts. Einmal ist der Abstand der Stangen dann doch recht groß und so bin ich ganz froh, als wir am obersten Punkt ankommen, wo neben der letzten Stange ein paar flachere Stellen im Hang sind, an denen man ganz gut stehen kann.
Schnell hinaus auf den Grat gegangen und das Seil eingeholt, machen wir uns schon bereit für den finalen Balanceakt auf dem Grat hinaus bis zum Gipfel. Der Gipfelgrat am Mönch ist eine Kategorie für sich. Wenige Firngrate in den Alpen sind derart scharf und und schmal ausgeprägt. Sicherlich der Verbindungsgrat zwischen den Lyskamm-Gipfeln oder auch der Gipfelgrat am Castor, aber gefühlt ist dieser Grat nochmal eine Spur ausgesetzter.
Ganz langsam und im gleichen Rhythmus laufen wir auf dem Grat in Richtung Gipfel. Ausweichen bei entgegenkommenden Seilschaften ist hier nicht überall möglich. Bei jedem Schritt bin ich jetzt froh, dass wir den Mönch nicht als Tagestour gemacht haben. Wenn man hier nicht am frühen Morgen, sondern später unterwegs ist, dann dürfte der Grat durchaus etwas weicher werden. In unserem Fall ist die Spur gut und der Untergrund hart und so können wir uns recht sicher fortbewegen. An einer geeigneten Stelle lassen wir eine Führerseilschaft passieren, die als erste Seilschaft des Tages kurz vor uns den Gipfel erreicht hatte.
Kürzer als gedacht ist die Wanderung in großer Höhe, denn nach knapp 15 Minuten erreichen wir bereits den Gipfel. Dieser ist wenig geräumig und ungeschmückt. Da die Absturzgefahr enorm ist, verzichten wir auf allzu viele verschiedene Perspektiven für Fotos und nach einem Selfie und einer Aufnahme zurück auf den Grat, drehen wir uns schon wieder rum, um den Abstieg anzutreten. Die Aussicht in die Berner Alpen ist von hier oben einfach phänomenal. Speziell gratabwärts blickt man… natürlich auf den Grat vor sich. Bleibt man aber stehen und hebt den Blick, dann eröffnet sich ein Panorama par Excellence. Von Schreckhorn und Lauteraarhorn schweift der Blick über die Fiescherhörner, das Finsteraarhorn bis hin zu den Walliser Alpen. Hinter uns bricht das Gelände steil ab und die Aussicht geht über die Voralpen bis ins Schweizer Flachland und in den Schwarzwald.
In der Mitte des Grats haben wir dann doch noch Gegenverkehr und wieder an einer geeigneten Stelle fixieren wir uns an der Gratschneide, während sich die andere Gruppe artistisch um unsere Hinterteile herum bewegt. Kurze Zeit später stehen wir wieder an der Eisflanke und ich lasse Jana auf zwei Etappen hinunter. Anschließend klettere ich vorsichtig rückwärts ab und die Frontalzacken der Steigeisen leisten Schwerstarbeit.
Zurück im Fels, ist es inzwischen angenehm warm und windstill. Wir seilen für die nächsten Passagen kurz aus, denn das Gelände erlaubt auch Abklettern ohne Seilsicherung und so kommen wir wesentlich schneller und bequemer voran. Das Seil bleibt dann auch am restlichen Abstieg im Rucksack, denn wir finden stets eine gute Linie und die warmen Temperaturen erlauben es uns, auch die Handschuhe auszuziehen. Wir kommen zügig voran und stehen schon bald wieder am Felsaufschwung, welcher auf den Gletscher hinunter führt.
Eine etwas irritierende Szenerie ist es schon: wir befinden uns nur 600 hm unter dem Gipfel eines Viertausenders, welcher zwar technisch nicht allzu schwierig ist, jedoch auch nicht zu den ganz leichten Gipfeln zählt und ein paar Meter weiter unten spazieren die Touristen auf der gewalzten Ratrac-Spur zur Mönchsjochhütte und beobachten uns. In aller Ruhe klettern wir die erste Passage ab, der letzte Teil, welcher durch den Felssturz 2020, aber auch den starken Gletscherrückgang, doch etwas schwieriger geworden ist, ist im Abstieg einfacher abzuseilen. Zwei Abseilstände bieten die Möglichkeit, dass parallel mehrere Seilschaften auf den Gletscher abseilen können. Schnell den Abseilstand eingerichtet und schon geht es auf zwei Mal hinunter. Wer ein 60m-Seil hat, dem genügt auch ein Abseiler direkt hinunter.
Auf dem Gletscher angekommen, sortieren wir uns kurz. Die neugierigen Blicke auf Sitzgurt, Pickel, Eisschrauben und Seil bringen uns dabei nicht aus der Ruhe. Als wir alles im Rucksack verstaut haben, spazieren wir die knappe halbe Stunde über die gewalzte Spur zum Jungfraujoch. Dort angekommen, gönnen wir uns einen etwas längeren Rundgang durch das unterirdische Gelände. Wir fahren hinauf zur Sphinx und genießen einen genialen Blick in die Berner Alpen. Hier waren wir bereits im Frühjahr auf dem Weg zur Finsteraarhornhütte, jedoch haben wir jetzt bedeutend mehr Zeit und genießen das Panorama.
Weiter unten wandern wir dann noch durch den Eispalast, eine unterirdische Eiswelt, auf der man besser nicht ausrutschen sollte – der Boden ist eine Eisfläche. Nach einer ausgiebigen Tour, fahren wir wieder hinunter zur Kleinen Scheidegg und steigen um in den Zug nach Grindelwald Grund. Zurück an unserem Campingbus entledigen wir uns der warmen Kleidung, denn das Thermometer im Tal zeigt über 30° C an. Ein Blick auf den Abfahrtskalender des Autoverlads in Kandersteg verrät: wir müssen los – das Wallis ruft!
Fazit
Der Mönch ist auf dem Normalweg eine kurze Hochtour, die aber gerne unterschätzt wird. Die klettertechnischen Schwierigkeiten beschränken sich auf den oberen II. Grad, am Einstieg ist jedoch durch den Felssturz ein etwa 10 m hoher Felsriegel im III. Grad zu überwinden – dieser ist aber sehr gut abgesichert. Das Eisfeld zum Gipfelgrat erfordert einwandfreie Steigeisentechnik und der Gipfelgrat selbst ist definitiv nichts für schwache Nerven. Wer noch nie einen ausgesetzten Firngrat begangen hat, der sollte sich mental gut vorbereiten, denn die Ausgesetztheit ist enorm. Die Anreise und der Hüttenzustieg sind zwar bequem, aber durchaus nicht ganz günstig.
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